Das in der Gesellschaft verankerte binäre Geschlechtsmodell, das ausschließlich nur "männlich" und "weiblich" kennt, benachteiligt Menschen, die sich nicht eindeutig geschlechtlich verorten können oder wollen, und stellt deren Existenz infrage. Es führt zur Ausgrenzung derjenigen Menschen, deren Geschlecht, Geschlechtsidentität oder Geschlechtsausdruck nicht den sozialen Erwartungen entspricht, und hindert sie an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit.
Daraus resultiert eine strukturelle Diskriminierung von trans* Personen, die sich in der standardisierten medizinischen Diagnostik und Behandlung sowie im bundesdeutschen Transsexuellengesetz (TSG) manifestiert: Transsexualität wird in Deutschland als psychische Krankheit (Geschlechtsidentitätsstörung) gewertet. Eine Änderung des Namens, Personenstands oder des Geschlechts setzt nach den bestehenden rechtlichen Regelungen des Transsexuellengesetzes eine Begutachtung durch Sachverständige voraus. In der Praxis ist dies ein sehr langwieriges und strenges Diagnoseverfahren.
Das Prozedere einer Körperveränderung ist in Deutschland mit obligatorischer Psychotherapie, Alltagstest, Kostenübernahmeverfahren und Begutachtung sehr langwierig. Häufig werden medizinische Behandlungen an trans* Personen ohne oder nur mit wenig Mitspracherecht durchgeführt. Die Behandlungen orientieren sich oft statt an persönlichen Bedürfnissen und Wünschen an sozialen Erwartungen und rechtlichen Bestimmungen und haben schwerwiegende Folgen für das Leben der trans* Personen. Beim Zugang zu medizinischen Behandlungen für trans* Personen und bedürfnisgeleiteter Unterstützung beim Wunsch einer Geschlechtsangleichung gibt es in Deutschland noch großes Entwicklungspotenzial.
In einem Bericht für die Generaldirektion Justiz der Europäischen Kommission wird aufgezeigt, dass trans* Personen in Europa massiver Diskriminierung in Form von Drohungen, Ausgrenzungen, sozialem Ausschluss, Spott, Beleidigungen, sowie physischer und sonstiger Gewalt ausgesetzt sind. Dies betrifft alle Bereiche des täglichen Lebens, den Zugang zu Bildung und anderen Gütern und Dienstleistungen sowie das Arbeitsleben. Laut einer Studie der europäischen Grundrechteagentur FRA aus dem Jahr 2019 haben zehn Prozent der trans*-Personen in Deutschland körperliche oder sexuelle Übergriffe erfahren. Die Folgen für die betroffenen Personen sind fatal: So gaben 58 % der trans*Personen an, nach ihren Gewalterfahrungen unter psychischen Problemen zu leiden. 41 Prozent hatten Angst, vor die Tür zu gehen und mieden bestimmte Räume. Auch beim Zugang zum Arbeitsmarkt und bei Karrierechancen werden trans* Personen benachteiligt. Sie sind deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen und erfahren Benachteiligungen im Beruf – z.B. Gehaltskürzungen nach erfolgter Geschlechtsangleichung oder Hindernisse beim beruflichen Aufstieg.
Im täglichen Leben hängen Diskriminierungen häufig mit der Notwendigkeit zusammen, ein offizielles Ausweispapier mit einem Geschlechtseintrag vorzulegen, der der Geschlechtsidentität nicht entspricht. Auch geschlechtsspezifische Räume wie zum Beispiel Umkleideräume oder Toiletten führen zu Diskriminierung. Darüber hinaus dokumentieren internationale Studien massive Gewaltverbrechen gegen trans* Personen. Die Studie "Transphobic Hate Crimes in the European Union" 2008 zeigt, dass in der EU 79 Prozent der Befragten bereits in der Öffentlichkeit belästigt wurden. Die Belästigungen reichten von transphoben Kommentaren bis zu körperlichem und sexuellem Missbrauch.
Das Projekt "Transrespect versus Transphobia Worldwide" dokumentiert Morde an trans* Personen. In den Jahren 2008 bis 2012 wurden weltweit 1.123 Morde an trans* Personen bekannt, 37 in der EU und zwei in Deutschland.