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Fragen und Antworten zum Thema Religion

  • In Artikel 4 des Grundgesetzes ist die freie Religionsausübung aller Bürger*innen festgeschrieben. Darüber hinaus sind Menschen durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsleben vor Diskriminierungen wegen der Religion oder Weltanschauung geschützt (§ 1 AGG). Auch bei Alltagsgeschäften sind Diskriminierungen wegen der Religion verboten, zum Beispiel bei der Wohnungssuche.

  • In Deutschland lebten im Jahr 2017 rund 81 Millionen Menschen. Davon waren rund 55 Millionen Mitglieder einer Religionsgemeinschaft, mehr als 27 Millionen waren nicht konfessionell gebunden.

    Religion / Gemeinschaftin Mio.in Prozent
    Nicht konfessionell gebunden/ keine Zuordnung27,132,9
    Katholische Kirche23,328,3
    Evangelische Landeskirchen21,626,2
    Islam4,75,7
    Orthodoxe/ orientalistische Kirchen2,02,4
    Freikirchen/ Sondergemeinden1,82,2
    Neue Religionen/ Esoterik0,91,1
    Organisierte Konfessionsfreie0,40,5
    Buddhismus0,30,4
    Judentum (exkl. Personen ohne Gemeindezugehörigkeit)0,10,1
    Hinduismus0,10,1
    Yeziden0,10,1

    Quelle: REMID – Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e.V. (2017)

  • Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Diskriminierungen wegen der Religion oder Weltanschauung in Beschäftigung und Beruf (§ 2 AGG). Der Schutz erstreckt sich auf das gesamte Arbeitsleben: vom Zugang zu einem Beruf über das Beschäftigungsverhältnis bis hin zur Kündigung.

    Über die Frage, inwieweit Religionsgemeinschaften als Arbeitgeber*in bei der Personalauswahl auf einer bestimmten Religionszugehörigkeit beharren dürfen, wurde bereits mehrfach vor Gericht gestritten. Grundsätzlich gilt: Eine Benachteiligung wegen der Religion in Bewerbungsverfahren ist gemäß § 7 Absatz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verboten. Betroffene können in solchen Fällen Schadensersatz- und Entschädigungsforderungen nach dem AGG geltend machen.

    Eine Ausnahme hiervon findet sich jedoch im § 9 AGG für Religionsgemeinschaften, wonach Benachteiligungen im Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gerechtfertigt und zulässig sein können.

    Anfang 2019 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) allerdings dieses Selbstbestimmungsrecht der christlichen Kirchen eingeschränkt. Das BAG beurteilte die Kündigung eines wiederverheirateten Chefarztes durch den katholischen Träger eines Krankenhauses als rechtswidrig. Kirchliche Arbeitgeber müssen demzufolge in Zukunft Loyalitätspflichten genau prüfen und sorgfältig begründen. Bereits 2018 hatte der Europäischen Gerichtshofes (EuGH) festgelegt, dass ein loyales Verhalten im Einzelfall anhand der konkreten Tätigkeit begründet werden muss. Seither gilt: Nur wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt, kann eine Ungleichbehandlung aufgrund der Vorschrift des § 9 Absatz 1 AGG erlaubt sein. Eine Bewerbung darf wegen der fehlenden Religionszugehörigkeit abgelehnt werden, wenn die berufliche Position (wie z. B. bei der Leitung einer Religionsgemeinde) mit einem Beitrag zu deren Verkündigungsauftrag oder Notwendigkeit verbunden ist, für eine glaubwürdige Vertretung der Kirche oder Organisation nach außen zu sorgen.

  • Die Beratung der Antidiskriminierungsstelle und zahlreiche Studien zeigen, dass Muslim*innen häufig von Diskriminierung betroffen sind. Vor allem Frauen mit Kopftuch wenden sich wegen Ungleichbehandlungen im Arbeitsleben an unser Beratungsteam.

    Dem Thema "Diskriminierung aufgrund der islamischen Religionszugehörigkeit im Kontext Arbeitsleben" widmet sich jeweils eine rechtswissenschaftliche und eine sozialwissenschaftliche Studie.

    Menschen jüdischen Glaubens erleben ebenfalls häufig Diskriminierungen, z. B. in Form von Mobbing am Arbeitsplatz oder auch wenn sie mit Kippa nicht in ein Restaurant gelassen werden. Aber auch Menschen, die anderen Religionen angehören, nicht konfessionell gebunden sind und Menschen, die eine Weltanschauung wie beispielweise den Humanismus vertreten, können Diskriminierung erfahren.

    Menschen werden insbesondere dann häufig diskriminiert, wenn ihre Religionszugehörigkeit sichtbar wird, z. B. durch das Tragen bestimmter Kleidungsstücke, wie z. B. einer Kippa oder eines Kopftuchs, oder durch die Teilnahme an religiösen Festen. Mitunter reicht aber bereits der Name für Diskriminierungen aus. An unsere Beratung hat sich beispielsweise eine Person gewandt, die wegen des Vornamens „David“ antisemitisch beleidigt wurde.

  • In Deutschland leben rund 4,5 Millionen Musliminnen und Muslime. Neben den christlichen Kirchen stellen sie die zweitgrößte religiöse Gruppierung in Deutschland. Angehörige des muslimischen Glaubens sind in Deutschland und Europa zunehmend von Ausgrenzung, Diskriminierung und rassistischer Gewalt betroffen. Eine sehr große Zahl der Anfragen an unsere Beratung stammt von Frauen, die wegen ihres muslimischen Kopftuchs einen Arbeitsplatz nicht bekommen oder bei der Wohnungssuche abgelehnt werden.

    Darüber hinaus zeigen Untersuchungen im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, dass muslimische Schüler*innen bei gleicher Leistung weniger häufig eine Empfehlung für den Besuch eines Gymnasiums erhalten und überdurchschnittlich oft eine Förderschule besuchen. (Quelle: Forschungsprojekt zum Zweiten Gemeinsamen Bericht zum Thema "Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben"). Im Berufsleben wird muslimischen Menschen ein unterdurchschnittliches Qualifikationsniveau und geringe Leistungsfähigkeit unterstellt. Außerdem wird oft angenommen, dass Kolleg*innen oder Kund*innen negativ auf muslimische Mitarbeitende reagieren könnten.

  • Schätzungsweise 28 Prozent der in Deutschland lebenden Musliminnen tragen ein Kopftuch. Das ergab eine Untersuchung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus dem Jahr 2009.

    In den vergangenen Jahren gab es vermehrt Debatten über und Rechtsprechung zum sichtbaren Tragen religiöser Symbole am Arbeitsplatz. In Deutschland und auf europäischer Ebene stand hier zumeist das Kopftuch muslimischer Frauen im Mittelpunkt.

    Gerade muslimische Frauen, die Kopftuch tragen, erleben in Deutschland überdurchschnittlich häufig Diskriminierung im Arbeitsleben. Dabei werden sie z. B. von ihren Arbeitgeber*innen aufgefordert, ihr Kopftuch abzunehmen und viele werden gar nicht erst zum Bewerbungsgespräch eingeladen.

    Häufig werden solche Benachteiligungen mit dem Wunsch nach Neutralität oder Kundenwünschen begründet. Verbote von Kopftüchern und anderen religiösen Symbolen bedürfen im Arbeitsleben allerdings einer guten Begründung, da sie direkt in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen.

    Grundsätzlich darf in Deutschland jeder Mensch die eigene Religion frei ausleben - auch am Arbeitsplatz. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet darüber hinaus Diskriminierungen aufgrund der Religion oder Weltanschauung im Arbeitsleben. Das bedeutet, dass Arbeitgeber*innen weder bei der Bewerbung noch im Arbeitsalltag einzelne Personen wegen ihres Glaubens benachteiligen dürfen.

    Es gibt aber Ausnahmen und Regelungen, die ein Verbot religiöser Symbole am Arbeitsplatz durch den/die Arbeitgeber*in rechtfertigen. Wenn es so sein sollte, dass die Arbeit mit Maschinen durch das Tragen eines Kopftuchs oder einer Kette zu gefährlich sein kann, wäre ein Verbot aus sachlichen Gründen also zulässig. Zusätzlich gibt es weitere Ausnahmen, die sich aber bei privatwirtschaftlichen, staatlichen und kirchlichen Arbeitgeber*innen unterscheiden.

    Weitere Informationen hierzu finden Sie unter der Rubrik „Kopftuch am Arbeitsplatz: Fragen und Antworten“.

  • Antisemitismus tritt in den letzten Jahren vermehrt in Form von Gewalttaten ins öffentliche Bewusstsein, nicht zuletzt durch den rechtsextremen Terroranschlag in Halle (Saale) 2019. Häufig zeigt sich Antisemitismus auch in Form von physischen Angriffen, verbalen Bedrohungen und Beleidigungen, Volksverhetzung, Sachbeschädigungen und antisemitischen Inhalten auf Versammlungen.
    Polizeilich wurden im Jahr 2019 laut Bundesregierung 2032 antisemitische Übergriffe erfasst. Von ihnen wurden 1.898 als rechtsextremistisch motiviert eingestuft. Von den Übergriffen wurden lediglich 268 zur Anzeige gebracht. Der Verband der Opferberatungsstellen nimmt an, dass die Dunkelziffer antisemitischer Übergriffe deutlich höher ist. Aber auch mit niedrigschwelligen Formen von Antisemitismus können Jüd*innen konfrontiert werden: in Form von Mobbing durch Nachbar*innen, Schikanen in der Schule oder antisemitischen Äußerungen in den sozialen Medien. An die Antidiskriminierungsstelle des Bundes haben sich beispielsweise Arbeitnehmer*innen gewandt, die sich in Arbeitsumfeld wegen ihres jüdischen Glaubens gemobbt fühlten.

    Im Bericht des Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias e.V.) werden antisemitische Vorfälle aus 2019 bundesweit dokumentiert.

  • Unter dem juristischen Begriff der Weltanschauung ist ein für die Lebensführung eines Menschen verbindliches und identitätsstiftendes Verständnis des menschlichen Lebens und der Welt zu verstehen, welches von einer relevanten Zahl anderer geteilt wird. Es muss sich grundsätzlich um eine religionsähnliche Überzeugung handeln, die sich aber auf das Diesseits bezieht. Die Gerichte verstehen unter einer Weltanschauung ein subjektiv verbindliches Gedankensystem, das sich mit Fragen nach dem Sinnganzen der Welt und insbesondere des Lebens der Menschen in dieser Welt befasst, und das zu sinnentsprechenden Werturteilen führt (bspw. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 1992 – 6 C 5/91). Demnach stellen Überzeugungen zu einzelnen Teilaspekten des Lebens keine Weltanschauung dar. Entsprechend werden rein politische Überzeugungen nicht als Weltanschauung anerkannt (VG Berlin, Urteil vom 18. April 2018 – 28 K 6.14) ebenso wenig wie die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft (AG München, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 423 C 14869/12). Gesamtgesellschaftliche Theorien und Philosophien wie der Marxismus oder anthroposophischen Lehren werden dagegen als Weltanschauungen eingeordnet.

  • Das Grundgesetz schützt auch das Recht eines Menschen, keiner Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft anzugehören. Dies wird als negative Religions- und Weltanschauungsfreiheit bezeichnet. Daraus folgt, dass auch das AGG bei einer individuellen Ablehnung jeden Sinnzusammenhangs, sei er religiös oder weltanschaulich-säkular begründet, einen Schutz vor Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung gewährleistet. Deshalb darf ein Arbeitgeber eine Bewerbung grundsätzlich nicht deshalb ablehnen, weil die Person nicht Mitglied einer bestimmten Religionsgemeinschaft ist.