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Diskriminierungsformen

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nennt die geschützten Diskriminierungsmerkmale und definiert die verschiedenen For­men von Diskriminierung umfänglich.

Jede Form einer weniger günstigen Behandlung ist eine Benachteiligung. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Benachteiligung vorsätzlich oder in böswilliger Absicht geschieht. Entscheidend ist der nachteilige Effekt, der bei den Betroffenen durch die Un­gleichbehandlung entsteht. Dem tragen die Diskriminierungsformen Rechnung, die in § 3 AGG beschrie­ben werden.

Unmittelbare Diskriminierung

Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Ungleichbehandlung direkt an einem der in § 1 AGG genannten Merkmale ansetzt. Beispiele hierfür sind Stellenausschreibungen mit diskriminierenden Altersgrenzen, die Kündigung einer Frau wegen Schwangerschaft (Geschlecht) oder die Verweigerung der Mitgliedschaft im Fitnessstudio wegen der ethnischen Herkunft.

Mittelbare Diskriminierung

Mittelbare Diskriminierung und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Steckbrief zur Expertise

Die mittelbare Benachteiligung einer Person erfolgt nicht offensichtlich wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals, sondern resultiert aus scheinbar neutralen Kriterien. Diese gelten zunächst für alle gleichermaßen, in ihrem Effekt aber wirken sie sich auf bestimmte Gruppen stärker benachteiligend aus als auf andere. So ist beispielsweise eine Stellenanzeige mittelbar diskriminierend, wenn diese von den Bewerber*innen Deutsch als Muttersprache für die Tätigkeit in einer Gärtnerei verlangt. Diese Tätigkeit stellt geringe Anforderungen an die Sprachkompetenz, schließt aber mit einer solchen Forderung diejenigen aus, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen, z. B. zugewanderte Menschen.

Belästigung

Belästigungen sind uner­wünschte Verhaltensweisen, die eine Person wegen eines nach dem AGG geschützten Merkmals ein­schüchtern, beleidigen oder erniedrigen und ein feindliches Umfeld schaffen oder zu schaffen bezwe­cken.

Belästigungen können Teil von Mobbingkontexten sein. Mobbing definiert sich dadurch, dass die würdeverletzenden Handlungen über einen längeren Zeitraum andauern, zielgerichtet und systematisch stattfinden und auf eine Persönlichkeitsverletzung der gemobbten Person abzielen. Mobbing muss nicht zwangsläufig mit AGG-Merkmalen im Zusammenhang stehen, son­dern kann beispielsweise auf Spannungen in der Arbeitseinheit, Machtkämpfe oder persönliche Abnei­gungen zurück zu führen sein.

Sexuelle Belästigung

Eine spezifische Form der Belästigung ist die sexuelle Belästigung, die durch ein unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten verursacht wird. Diese Verhaltensweisen reichen von unangemessenen sexuellen Anspielungen, Anstarren, anzügliche Bemerkungen, über das Verbreiten pornografischen Materials bis hin zu sexualisierten körperlichen Übergriffen. Die sexuelle Belästigung verletzt die Würde der betroffenen Person. Entscheidend ist dabei nicht, ob die Würdeverletzung beabsichtigt ist.

Anweisung zur Benachteiligung

Auch die Anweisung zur Benachteiligung gilt als Diskriminierung, wenn beispielsweise ein*e Geschäftsführer*in einer Drogeriekette die Personalverantwortlichen anweist, Bewerbungen von kopf­tuchtragenden Frauen von vornherein abzulehnen. Schließlich kann es im Arbeitsumfeld auch zu einer Viktimisierungen kommen, wenn sich eine Person wegen einer Benachteiligung beschwert und deswegen erneut Benachteiligung erfährt – z. B. durch Versetzung an einen schlechteren Arbeitsplatz.

Mehrfach- oder mehrdimensionale Diskriminierung

Mehrdimensionale Diskriminierung

Steckbrief zu den beiden Expertisen des Forschungsprojekts

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ 4 AGG) schützt auch vor Benachteiligungen aus mehreren Gründen, auch wenn im Gesetz Mehrfachdiskriminierung nicht genauer definiert wird. Mehrfachdiskriminierung bzw. mehrdimensionale Diskriminierung kann auftreten, wenn verschiedene Diskriminierungsgründe zusammenkommen und sich wechselseitig verstärken. Ein Beispiel für diese additive Form der Diskriminierung ist gegeben, wenn eine Frau mit Behinderung bei der Bewerbung um eine neue Anstellung aufgrund ihrer Behinderung erstens strukturell schlechtere Zugangschancen am Arbeitsmarkt hätte und wenn sie zweitens, als Frau dem mittelbaren Diskriminierungsrisiko einer schlechteren Bezahlung in der neuen Anstellung als Männer unterläge (gender pay gap). Beide Formen der Diskriminierung sind hierbei getrennt voneinander benennbar und analysierbar.

Intersektionale Diskriminierung

Dieser Begriff bezeichnet das spezifische Zusammenwirken oder „Überlappen“ von unterschiedlichen Diskriminierungsmerkmalen. Diese beeinflussen sich wechselseitig und sind nicht mehr voneinander zu trennen. Zu Diskriminierungen wegen der im AGG geschützten Merkmale treten häufig auch nicht im AGG geschützte Merkmale hinzu und wirken in intersektionaler Weise zusammen. So zeigen sich der soziale Status, die Erwerbssituation oder/und der familiäre Status als intersektionaler Verstärker von Benachteiligungen, beispielsweise wenn eine kinderreiche Familie Geflüchteter im Transferleistungsbezug bei der Wohnungssuche benachteiligt wird.

Ein weiteres Beispiel sind rassistische Einlasskontrollen bei Diskotheken. Diese betreffen überwiegend junge Männer, die als migrantisch wahrgenommen werden. Hier wirken junges Alter, männliches Geschlecht und ethnische Herkunft der Betroffenen zusammen. Sie werden an der Clubtür abgewiesen, weil hier alle drei Dimensionen zusammenkommen.

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