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Betriebliche AGG-Beschwerdestellen gut umsetzen

Bei Diskriminierung auf der Arbeit sind gute Anlauf- und Beschwerdestellen für Betroffene wichtig. Aber wie genau funktionieren sie und wie sieht ein gutes Beschwerdeverfahren aus? Ein Grundmodell und vorbildlich umgesetzte Beschwerdestellen bieten Orientierung.

AGG-Beschwerdestellen tragen zum Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben bei

Immer mehr Arbeitgebende in Deutschland wollen ihre Belegschaft besser vor Diskriminierung, Mobbing und sexueller Belästigung schützen und haben dafür eigene Strukturen aufgebaut. Weil sie wissen: Ein diskriminierungssensibles, gutes Betriebsklima ist eine wesentliche Grundlage für gute Arbeitsergebnisse. Unbearbeitete Diskriminierungserfahrungen können hingegen hohe Konfliktkosten verursachen und gefährden die Mitarbeiterbindung.

Wichtig gegen Diskriminierung auf der Arbeit sind gute Anlauf- und Beschwerdestellen, an die sich Betroffene wenden können. Durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind Betriebe gesetzlich dazu verpflichtet, AGG-Beschwerdestellen einzurichten. Das bringt Herausforderungen mit sich. Denn das Gesetz lässt Arbeitgebenden weitgehende Freiheiten dabei, wie sie die Anforderungen des § 13 AGG umsetzen. Auf der anderen Seite liefert es aber keine Anleitung dafür, wie gute Beschwerdestellen aussehen sollten.

Diese Lücke schließt unsere Praxisstudie „Beschwerdestellen bei Diskriminierung – Grundlagen, Handlungsansätze und Praxisbeispiele für eine gute Umsetzung von betrieblichen Beschwerdestellen nach § 13 AGG“. Sie stellt beispielhafte Beschwerdestrukturen vor, die sich in der Praxis bewährt haben. Die Praxisbeispiele finden Sie auch hier.

Welche Aufgaben hat eine betriebliche AGG-Beschwerdestelle?

Um die Beschäftigten vor Diskriminierung zu schützen, müssen Arbeitgebende eine innerbetriebliche Beschwerdestelle benennen und bekannt machen. Dazu verpflichtet sie § 13 AGG. Die Beschwerdestellen hat folgende gesetzlich festgelegte Aufgaben:

  • Sie übernimmt für die Arbeitgebenden die Aufgabe, Beschwerden entgegenzunehmen.
  • Sie prüft die Beschwerde umfassend und objektiv.
  • Sie teilt das Ergebnis der beschwerdeführenden Person mit.
  • Sie empfiehlt den Arbeitgebenden Maßnahmen als Reaktion auf die Diskriminierung und zur Verhinderung zukünftiger Diskriminierungen.
  • Sie dokumentiert die Beschwerde und ihre Bearbeitung.

Welche Maßnahmen in welcher Form umgesetzt werden, entscheiden die Arbeitgebenden.

Woran können sich Arbeitgebende bei der Umsetzung ihrer AGG-Beschwerdestelle orientieren?

Innerbetriebliche Beschwerdestellen sind in der Praxis verschieden, denn sie müssen den Anforderungen und Bedarfen unterschiedlichster Betriebe und Unternehmen, der öffentlichen Verwaltung oder gemeinnütziger Einrichtungen entsprechen. Nichtsdestotrotz stellen sich beim Aufbau von AGG-Beschwerdestellen immer wieder ähnliche Fragen:

  • Wo kann die Beschwerdestelle angesiedelt werden?
  • Welches Mandat hat sie?
  • Wie sieht ein gutes Beschwerdeverfahren aus?
  • Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit anderen betrieblichen Akteuren?
  • Welche Qualifikationen und Kompetenzen brauchen die Mitarbeitenden der Beschwerdestellen?

Ein Grundmodell für eine Beschwerdestruktur berücksichtigt diese Fragen und bietet Orientierung. Das Modell kann auf die jeweiligen konkreten Gegebenheiten und Bedarfe hinsichtlich Branche, Betriebsgröße oder Betriebskultur angepasst werden.

Das Grundmodell besteht aus zwei Säulen, zum einen aus einer Beschwerdestelle und zum anderen aus vertraulichen Anlaufstellen oder Ansprechpersonen:

  • Die Beschwerdestelle hat die Aufgabe, Diskriminierungsbeschwerden im Auftrag der oder des Arbeitgebenden unparteilich zu prüfen und darauf aufbauend Maßnahmen zu empfehlen.
  • Anlaufstellen und/oder Ansprechpersonen haben die Aufgabe, Betroffene parteilich und vertraulich zu unterstützen und zu ihren Handlungsmöglichkeiten zu beraten.

Abbildung: Der Unterstützungs- und Beschwerdeprozess

Der Unterstützungs- und Beschwerdeprozess bei Diskriminierung am Arbeitsplatz entsprechend des in der Praxisstudie "Beschwerdestellen bei Diskriminierung" entwickelten Grundmodells.

Ausführlich vorgestellt wird das Grundmodell für betriebliche Beschwerdestrukturen in der Praxisstudie „Beschwerdestellen bei Diskriminierung“.

Was macht vorbildliche AGG-Beschwerdestellen aus?

Vorbildliche AGG-Beschwerdestellen gibt es in kleinen, mittleren und großen Unternehmen und in unterschiedlichen Branchen. Die 18 Beschwerdestellen, die wird hier vorstellen, sind jeweils hinsichtlich eines oder mehrerer der folgenden Qualitätsmerkmale für Beschwerdestellen und -verfahren nach § 13 AGG beispielhaft:

  • Verfahren: Das Beschwerdeverfahren ist verständlich und transparent beschrieben.
  • Ansiedlung: Die Ansiedlung in der Organisation und die personelle Besetzung der Stelle haben sich bewährt.
  • Zugang: Es wurden Maßnahmen ergriffen, um die Beschwerdestelle bekannt zu machen und einen niedrigschwelligen Zugang zu sichern.
  • Beratung: Es gibt neben dem Beschwerdeverfahren eine Beratungsstruktur für Mitarbeitende, die im Betrieb Diskriminierung erleben.
  • Vermittlung: Es gibt unterhalb der Ebene der Beschwerdestelle zusätzlich nichtförmliche Klärungsverfahren in Diskriminierungskonflikten.
  • Qualifikation: Die Personen, die die Beschwerdestelle oder andere Maßnahmen des Beschwerdemanagements verantworten, sind gut qualifiziert.
  • Allgemeine Fortbildungen: Es gibt für alle Mitarbeitenden Fortbildungsmaßnahmen, die für die Nutzung des Beschwerdeverfahrens hilfreich sind, etwa zum AGG oder zum Diskriminierungsverständnis.
  • Strukturelle Einbindung: Es gibt eine interne Evaluation und Dokumentation der Beschwerden, eine gute Verbindung zum Qualitätsmanagement und/oder eine gezielte Ableitung von Präventionsmaßnahmen aus den Beschwerdefällen.

Wer hat das Grundmodell für betriebliche AGG-Beschwerdestellen entwickelt und die porträtierten beispielhaften Beschwerdestellen ausgewählt?

Die im Jahr 2025 veröffentlichte Praxisstudie „Beschwerdestellen bei Diskriminierung“ haben die IMAP GmbH und die Antidiskriminierungsfach- und -beratungsstelle adis e.V. aus Tübingen im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erstellt. In ihr stellen sie auch die Beschwerdestrukturen von 18 Organisationen aus der öffentlichen Verwaltung, der Wirtschaft und dem Dritten Sektor vor.