„Lieber nicht bei uns“ – Kein Job für Lehrerin mit Behinderung
Der Fall
Laura M. ist zu fünfzig Prozent schwerbehindert. Sie bewirbt sich als Lehrerin auf eine ausgeschriebene Stelle an einer öffentlichen Schule. Ihrer Bewerbung legt sie ihren Schwerbehindertenausweis bei.
Laura M. wird nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen, obwohl die Stelle weiterhin online ausgeschrieben ist. Kurze Zeit später erhält sie eine E-Mail. Die Schule teilt ihr mit, dass sie nicht eingeladen wurde, weil die Ausschreibung nur „versehentlich veröffentlicht“ worden sei. Es vergeht weitere Zeit. Dann ruft die Schule sie an: Die Position sei nun „bereits anderweitig besetzt“. Laura M. hat den Eindruck, dass ihre Schwerbehinderung der wahre Grund für die Absage war.
Daraufhin wendet sie sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und schildert ihren Verdacht: Ihre Bewerbung sei nicht wegen fehlender Qualifikation, sondern wegen ihrer Behinderung abgelehnt worden.
Einordnung/Einschätzung
Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind Benachteiligungen wegen einer Behinderung im Bewerbungsverfahren verboten (§ 1, § 7 Abs. 1 AGG). Der Schutz des AGG gilt bereits ab dem Eingang der Bewerbung.
Daneben regelt das Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) besondere Pflichten öffentlicher Arbeitgeber zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben.
Nach § 165 Satz 3 SGB IX sind öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber*innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, sofern eine fachliche Eignung vorliegt. Als öffentliche Arbeitgeber im Sinne des § 154 Abs. 2 SGB IX gelten unter anderem Länder, Kommunen und deren nachgeordnete Einrichtungen, also auch staatliche Schulen.
Wird diese Einladungspflicht verletzt, kann dies gemäß § 22 AGG ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung darstellen. Geben Arbeitgeber falsche, wechselnde oder widersprüchliche Begründungen für eine Absage an, kann dies ein weiteres Indiz für eine Benachteiligung darstellen.
Im Fall von Laura M. sprechen beide Aspekte dafür, dass die Schule gegen ihre gesetzlichen Pflichten verstoßen und sie unmittelbar wegen ihrer Behinderung benachteiligt hat.
Ergebnis / Beilegung
Laura M. entscheidet sich dazu, gemeinsam mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes weitere Schritte einzuleiten. Das Beratungsteam informierte sie darüber, dass sie gemäß § 15 Abs. 1 und 2 AGG Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz geltend machen kann, wenn der Arbeitgeber die Vermutung einer Benachteiligung nicht widerlegen kann.
Zwar begründet das AGG keinen Anspruch auf Einstellung, doch die Antidiskriminierungsstelle kann gemäß §§ 27 ff. AGG eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anstreben.
In Abstimmung mit Laura M. leitete die Stelle daher ein Verfahren zur gütlichen Einigung ein, um der Schule Gelegenheit zu geben, sich zu äußern.
Die Schule bedauert ihr Vorgehen. Laura M. wird doch noch zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Sie macht sich persönlich ein Bild von dem Arbeitgeber und entscheidet sich, die Stelle anzunehmen.