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„Sie heißen Mohammad? Tut mir leid, die Wohnung ist vergeben…“

„Sie heißen Mohammad? Tut mir leid, die Wohnung ist vergeben…“

Der Fall

Mohammad A. sucht schon lange eine Wohnung in Berlin. Nachdem er eine Anzeige im Internet gefunden hat, ruft er die Vermieterin an. Diese zögert am Telefon kurz und fragt ihn dann noch einmal nach seinem Namen. Nachdem Mohammad A. ihr geantwortet hat, sagt sie, dass die Wohnung leider schon vergeben ist. 15 Minuten später ruft Mohammads Freund Klaus M. dort an und bekommt direkt einen Besichtigungstermin angeboten. Mohammad A. wendet sich hilfesuchend an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Er vermutet, dass die Vermieterin ihn wegen seines ausländisch klingenden Namens abgelehnt hat.

Einordnung/Einschätzung

Eine Ablehnung durch die Vermieterseite allein aufgrund eines vermeintlich ausländischen Namens ist leider keine Seltenheit. Dabei stellt es einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar, wenn eine Person auf dem Wohnungsmarkt aufgrund ihres Namens und im Zusammenhang mit ihrer ethnischen Herkunft ungünstiger behandelt wird. Diese Ungleichbehandlung kann nur dann ausnahmsweise zulässig sein, wenn durch das Mietverhältnis ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis begründet wird, also beispielsweise die Mietparteien auf demselben Grundstück wohnen. Von Diskriminierung Betroffene können in so einem Fall nach § 21 Abs. 2 AGG innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung Schadensersatz und Entschädigung sowie zukünftige Unterlassung der Diskriminierung verlangen.

Wollen Betroffene Ihre Ansprüche vor Gericht durchsetzen, müssen Indizien vorgebracht werden, dass die Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft erfolgte. Es muss sich um Tatsachen handeln, die den Rückschluss darauf zulassen, dass die Betroffenen wegen ihrer ethnischen Herkunft keine Wohnung bekommen haben. Wenn das Gericht durch den Indizienbeweis eine Ungleichbehandlung wegen der ethnischen Herkunft für wahrscheinlich hält, tritt eine Beweislastumkehr zu Lasten der Vermieterseite ein (§ 22 AGG). Diese muss dann darlegen, dass die Ablehnung in keinem Zusammenhang mit der Herkunft stand oder dass die Ablehnung nach dem AGG gerechtfertigt ist.

Hilfreich kann es daher sein, wie Mohammad A. sogenannte Testings durchzuführen. Bei diesen Verfahren wird eine (reale oder fiktive) Vergleichsperson eingesetzt, um zu überprüfen, ob sie ähnlich oder besser behandelt wird. Zum Beispiel lässt sich die Vermutung, die Vermieterseite habe die Vereinbarung eines Wohnungsbesichtigungstermins wegen des ausländisch klingenden Nachnamens abgelehnt, testen, indem unter einem deutsch klingenden Nachnamen ein Besichtigungstermin angefragt wird. Wird dann ein Termin angeboten, spricht das für eine Diskriminierung. Die Ergebnisse von Testings sind von Gerichten als Indizien für Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt anerkannt worden (Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 14.01.2020 – 203 C 31/19; Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Urteil vom 03.02.2017 – 811b C 273/15).

Ergebnis

Mohammad A. bat die Antidiskriminierungsstelle um eine rechtliche Einschätzung. Anschließend entschied er sich, rechtlich gegen die Vermieterin vorgehen. Da die Antidiskriminierungsstelle des Bundes selbst über keinerlei Klagebefugnisse verfügt, vermittelte sie Herrn A. an eine nichtstaatliche Antidiskriminierungsberatung vor Ort, die von Diskriminierung Betroffene in einem Rechtsstreit unmittelbar unterstützen kann. Nach Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat eine Klage gute Aussicht auf Erfolg. In zwei ähnlich gelagerten Fällen hatten das Amtsgericht Charlottenburg und das Amtsgericht Hamburg den Betroffenen eine Entschädigung von 3.000 Euro beziehungsweise rund 1.000 Euro zugesprochen.

Wissenswertes

Wer eine Zuwanderungsgeschichte hat, die man sehen oder hören kann, macht bei der Wohnungssuche oftmals solche Erfahrungen, wie sie auch Mohammad A. machen musste. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt sollten Betroffene nicht hinnehmen. Der hier zu findende Leitfaden "Fair mieten - fair wohnen" der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erläutert die Mechanismen, Hintergründe und Folgen von Benachteiligungen, klärt über die Rechtslage auf und gibt praktische Tipps für Betroffene wie für Beratungsstellen.

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