Europaweite Umfrage zu Diskriminierungserfahrungen von LGBTI*-Personen 14.05.2020
Eine europaweite Befragung der EU-Grundrechteagentur FRA zeigt: Auch in Deutschland erleben Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche Menschen weiter massiv Diskriminierung.

An der aktuellen Umfrage 2019 haben sich fast 140.000 Personen, die sich selbst als lesbisch, schwul, bisexuell, trans- oder intergeschlechtlich beschreiben, in den Mitgliedstaaten der EU sowie in Nordmazedonien und Serbien beteiligt. In Deutschland haben insgesamt gut 16.000 Personen teilgenommen.Insgesamt zeigt sich: In Deutschland gehen zwar etwas mehr Menschen offen mit ihrer LSBTI-Identität um als im Durchschnitt der EU-Länder. Allerdings geben immer noch viele Befragte an, dass sie ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität verbergen oder bestimmte Situationen/Orte meiden. Von Erfahrungen mit Diskriminierungen, Belästigungen und Übergriffen wird von Befragten aus Deutschland durchgehend in etwa so häufig berichtet wie im EU-Durchschnitt. Insgesamt zeigt sich, dass trans- und intergeschlechtliche Menschen nochmal häufiger von solchen Erfahrungen betroffen sind.
Vergleichsweise negativ stellt sich die Situation in Deutschland auch im Hinblick auf die Meldung von Diskriminierungserfahrungen dar. Nur 8 Prozent haben den letzten Diskriminierungsvorfall gemeldet und die Bekanntheit von Stellen, die Unterstützung im Falle von Diskriminierung anbieten, ist auch etwas geringer ausgeprägt als im EU-Durchschnitt.
Ausgewählte Ergebnisse für Deutschland:
Offener Umgang mit der LSBTI-Identität:
In Deutschland gehen 43% der befragten LSBTI-Personen „(fast) nie“ (24%) oder „selten“ (19%) offen mit ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität um (EU-weit: insgesamt 53%). 45% der Befragten vermeiden es, mit ihren gleichgeschlechtlichen Partner*innen in der Öffentlichkeit Hand in Hand zu gehen aus Angst, angegriffen, bedroht oder belästigt zu werden – 16% vermeiden dies „immer“, 29% „oft“ (EU-weit: insgesamt 61%). Dies gilt insbesondere für schwule und bisexuelle Männer. Am Arbeitsplatz verbergen 21% der Befragten ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität (EU-Durchschnitt: 26%).
Diskriminierungserfahrungen:
11% der Befragten LSBTI-Personen in Deutschland haben sich in den letzten 12 Monaten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität bei der Jobsuche diskriminiert gefühlt. Das entspricht in etwa dem EU-Durchschnitt (10%). Die Frage ging nur an Personen, die in den letzten 12 Monaten auf Jobsuche waren. Am Arbeitsplatz/während der Arbeit haben sich fast ein Viertel (23%) der Befragten aus Deutschland, die in den letzten 12 Monaten einer Beschäftigung nachgingen, diskriminiert gesehen. Der Anteil liegt damit geringfügig höher als im EU-Durchschnitt (21%). Auch von Diskriminierungserfahrungen in anderen Lebensbereichen außerhalb der Arbeit (Wohnungssuche, Zugang zu Gesundheits- und Sozialleistungen, Bildungssektor, Geschäfte, Gaststätten, Zeigen von Ausweispapieren) wird in Deutschland in etwa so häufig berichtet wie im EU-Durchschnitt (DE: 38%, EU-Durchschnitt: 37%).
Trans- und intergeschlechtliche Personen berichten im Vergleich zu den anderen befragten Teilgruppen jeweils überdurchschnittlich häufig von Diskriminierungserfahrungen. So berichten zum Beispiel 39% der in Deutschland befragten Trans*Personen und 37% der intergeschlechtlichen Personen von Diskriminierungserfahrungen am Arbeitsplatz in den letzten 12 Monaten vor der Befragung.
Meldung von Diskriminierungserfahrungen:
EU-weit haben nur 11% aller Personen mit Diskriminierungserfahrungen den letzten Vorfall bei einer Organisation gemeldet. Unter den Befragten in Deutschland waren es sogar nur 8%. In Deutschland kannten 61% der Befragten eine Organisation, die Unterstützung und Beratung im Diskriminierungsfall anbietet (EU-Durchschnitt: 66%).
Erfahrungen mit Belästigung sowie körperlichen oder sexuellen Übergriffen:
In den 12 Monaten vor der Erhebung haben EU-weit 38% der Befragten LSBTI-Personen mindestens eine Form von Belästigung aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität erlebt. Unter den Befragten aus Deutschland gaben dies 36% an. 13% der Befragten in Deutschland haben in den letzten 5 Jahren vor der Erhebung Erfahrungen mit körperlichen oder sexuellen Übergriffen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität gemacht (EU-Durchschnitt: 11%). Davon haben wiederum 13% den letzten Vorfall der Polizei gemeldet (EU-Durchschnitt: 14%). Einer der Gründe, warum Übergriffe nicht der Polizei gemeldet werden, ist Angst vor homo- oder transphoben Reaktionen der Polizist*innen (EU-weit: 25%; DE: 23%). 24% der Befragten in Deutschland geben an, „oft“ oder „immer“ bestimmte Plätze oder Orte zu meiden, aus Angst wegen der LSBTI-Identität angegriffen, bedroht oder belästigt zu werden. EU-weit waren es ein Drittel der Befragten (33%).
Hier geht es zur FRA-Studie