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Neues in der Rubrik "Der aktuelle Fall" 18.10.2022

Trotz tadelloser Beurteilungen wird das Arbeitsverhältnis des schwerbehinderten Christian A. zum wiederholten Male nicht entfristet, während seine Kolleg*innen in vergleichbaren Positionen mittlerweile alle einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben.

Entfristung: Nur ohne Behinderung

Nun nähert sich wieder einmal das Ende seines Vertrags. Obwohl die Schwerbehindertenvertretung Herrn A.s Interessen bereits vor der Dienststelle vertreten haben, konnte wieder keine Entfristung erreicht werden. Daraufhin wandten sich die Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragte an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, weil sie in der verweigerten Entfristung eine Diskriminierung aufgrund von Herrn A.s Behinderung vermuten.

Rechtliche Einordnung

Regelmäßig wenden sich Beschäftigte an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, weil sie sich aufgrund einer Behinderung im Job diskriminiert sehen. Eine Benachteiligung von Menschen mit einer Behinderung am Arbeitsplatz ist rechtlich verboten. Das bedeutet, dass Beschäftigte auf Grund ihrer Behinderung nicht schlechter behandelt werden dürfen. Es ist daher unzulässig, einen Arbeitsvertrag nicht zu verlängern, weil der*die Beschäftigte eine Behinderung hat.

In der Praxis ist das meist schwer nachzuweisen, da die Gründe für eine fehlende Übernahme selten offengelegt werden. Die betroffene Person muss so genannte Indizien (Tatsachen) belegen können, die vermuten lassen, dass eine vorliegende Behinderung Ursache für die schlechtere Behandlung war (§ 22 AGG). Ist dieser Nachweis möglich, muss der Arbeitgebende wiederum beweisen, dass ein Diskriminierungsgrund keine Rolle gespielt hat. 

Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich schon einmal mit einem ähnlichen Fall auseinandergesetzt und kam zu folgender Entscheidung: Wird ein Arbeitsvertrag einer beschäftigten Person, die einen Diskriminierungsgrund aufweist, nicht verlängert, während alle anderen vergleichbaren Arbeitsverhältnisse entfristet werden, kann dies ein Indiz dafür sein, dass der*die betroffene Beschäftigte wegen des Diskriminierungsgrundes nicht entfristet wurde (LAG Köln, Beschluss vom 06. April 2009, 5 Ta 89/09).

Ähnlich gestaltet sich die Sachlage im Falle von Herrn A.: Herr A. war der einzige Beschäftigte, der nicht entfristet wurde. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass seine Behinderung der Grund dafür war.

Ergebnis/Beilegung:

Nachdem die Schwerbehindertenvertretung intern kein Umdenken erreichen konnte, hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit Einverständnis von Herrn A. eine Stellungnahme bei seinem Arbeitgeber eingeholt. Dieser wies eine Diskriminierung zurück, sodass eine außergerichtliche Einigung scheiterte. Christian A. bleibt in diesem Fall nur noch die Möglichkeit, gegen die Ungleichbehandlung gerichtlich vorzugehen. Das Prozessrisiko trägt er in diesem Fall allein.

Der Fall zeigt, dass es für betroffene Personen hilfreich wäre, wenn die Antidiskriminierungsstelle des Bundes über stärkere Kompetenzen verfügen würde. Wäre die Antidiskriminierungsstelle des Bundes beispielsweise gleichzeitig Schlichtungsstelle, könnte ein für Arbeitgebende verpflichtendes Schlichtungsverfahren eingeleitet werden, das mit einem bindenden Ergebnis für beide Seiten enden könnte. Ein aufwändiges und (auch finanziell) belastendes Gerichtsverfahren würde so vermieden.

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