Bundesländer in der Verantwortung: Es braucht Landes-Antidiskriminierungsgesetze 30.05.2025
Unabhängige Bundesbeauftragte Ataman: "Menschen sind im Supermarkt besser vor Diskriminierung geschützt als auf dem Bürgeramt"

- Gutachten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt: Der rechtliche Schutz vor Diskriminierung auf Länderebene ist lückenhaft und verstößt gegen EU-Recht
- Unabhängige Bundesbeauftragte Ataman: Menschen sind im Supermarkt besser vor Diskriminierung geschützt als auf dem Bürgeramt
Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, haben auf Länderebene kaum Möglichkeiten, sich rechtlich gegen Diskriminierung zu wehren. Das gilt insbesondere in Bereichen, für die die Länder explizit zuständig sind – dazu zählen Schulen, Universitäten, Ämter oder die Polizei. Das ist das Ergebnis eines am Freitag veröffentlichten Kurzgutachtens der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus der Schriftenreihe „Standpunkte“.
„Ob sexuelle Belästigungen, Antisemitismus oder rassistisches Mobbing: Diskriminierungen an Schulen, Hochschulen, Ämtern und Behörden sind ein großes Thema. Vor allem Eltern, Schüler*innen, Studierende und Lehrkräfte dürfen damit nicht alleine gelassen werden“
, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman. „Momentan haben wir die absurde Situation, dass Menschen im Supermarkt besser vor Diskriminierung geschützt sind als in der Schule oder auf dem Amt. Der Staat setzt somit für sich selbst niedrigere Standards als für die Privatwirtschaft
“, erläuterte Ataman. Hier seien vor allem die Länder gefragt. Anders als in anderen EU-Mitgliedsländern wie beispielsweise in Österreich gebe es in Deutschland keine Länder-Antidiskriminierungsgesetze – mit Ausnahme Berlins, das 2018 ein „LADG“ auf den Weg gebracht hat. „Durch Landesantidiskriminierungsgesetze können Menschen effektiv geschützt werden. Berlin ist hier ein Vorbild für alle Länder
“, sagte Ataman und mahnte zugleich, Deutschland habe sich zur vollständigen Umsetzung der EU-Vorgaben zum Diskriminierungsschutz verpflichtet. Die EU-Antidiskriminierungsrichtlinien verlangen von den Mitgliedsstaaten klare Maßnahmen gegen Diskriminierung – und zwar in allen Lebensbereichen, einschließlich des öffentlichen Sektors.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sieht in ihrem Kurzgutachten „Zur rechtlichen Notwendigkeit von Landesgesetzen für Antidiskriminierung“ besonders im Bildungsbereich dringenden Handlungsbedarf. Klare gesetzliche Regeln im Rahmen von Landesantidiskriminierungsgesetzen und darauf beruhende Gerichtsentscheidungen können Rechtssicherheit für alle Beteiligten herstellen und das Vertrauen in den Rechtsstaat fördern, heißt es unter anderem in dem Gutachten.