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AGG-Beschwerdestelle: Börsig GmbH

Die Beschwerdestelle der Börsig GmbH wird von einer Beauftragten für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in enger Zusammenarbeit mit dem Personalleiter durchgeführt.

Das Wichtigste in Kürze

Arbeitgebertyp:
Privates Unternehmen
Branche:
Verarbeitendes Gewerbe / Herstellung von Waren
Anzahl der Mitarbeiter*innen:
circa 200
Beschwerdestruktur:
seit 2012
Good Practice-Fokus:
  • Zugang: hohe Flexibilität, sehr gute Erreichbarkeit und ein hohes Maß an Vertraulichkeit
  • Rollenverständnis und Haltung: nicht formalisiert, sondern personalisiert

Kontakt

Fatma Yörük E-Mail: yoeruek@boersig.com

Kurzbeschreibung des Akteurs

Die Kabelkonfektionen Börsig GmbH ist ein 1969 gegründetes Familienunternehmen. Als Electronic Distributor handelt sie weltweit mit Steckverbindungen, Relais, Schaltern, Kabeln, Werkzeugen, Kunststoffartikeln und elektrischen Bauelementen. Die eigene Kabelkonfektion GmbH ergänzt den Handel.

Gesprächspartner*innen

Das Reflexionsgespräch wurde mit der Beauftragten für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geführt, die für alle Fälle rund um das AGG im Betrieb zuständig ist. Sie arbeitet im Betrieb in der Kalkulation.

Aufbau der Beschwerdestruktur

Die Beschwerdestelle der Börsig GmbH, die auch das Tochterunternehmen Kabelkonfektion GmbH betreut, wurde 2012 auf Initiative des Seniorchefs ins Leben gerufen. Er schlug die aktuelle AGG-Beauftragte aufgrund ihrer Bekanntheit im Betrieb und ihrer persönlichen Erfahrungen mit Rassismus vor. Sie ist sowohl als AGG-Beauftragte als auch als Vertrauensperson für Konflikte und Anliegen der Belegschaft im Arbeitskontext zuständig und jederzeit für alle Mitarbeitenden ansprechbar.

Damit hat sie eine Doppelrolle inne und wird im Betrieb auch in den beiden Funktionen AGG-Beauftragte und Vertrauensperson wahrgenommen und angesprochen. Im Folgenden nutzen wir zur Vereinfachung den Begriff der AGG-Beauftragten.

Die AGG-Beauftragte behandelt jährlich etwa vier bis fünf Fälle, die alle bisher unterhalb einer formalen Beschwerde im Sinne des AGG lagen. Das bedeutet, die Anliegen konnten direkt mit den Beteiligten geklärt werden, zum Beispiel durch Schlichtung oder eine klärende Ansprache. Sie hat für diese Rolle keine feste Ressourcenzuteilung. Es gibt allerdings immer genügend Zeit, sich um die Anliegen zu kümmern.

Bei einer formalen Beschwerde nach dem AGG wird der Personalleiter hinzugezogen. Die AGGBeauftragte verfolgt die Angelegenheit weiter, wobei mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen in der Verantwortung der Personalabteilung liegen.

Good Practice-Fokus und praktische Erfahrungen

Zugang: hohe Flexibilität, sehr gute Erreichbarkeit und ein hohes Maß an Vertraulichkeit

Die Kontaktaufnahme ist in der Rollenbeschreibung der AGG-Beauftragten auf der Intranetseite beschrieben. Sie erfolgt meist telefonisch. Damit sich Mitarbeitende geschützt und sicher bei der AGG-Beauftragten melden können, ohne dass andere Kolleg*innen davon erfahren, bietet sie auch an, sie auf ihrem privaten Handy zu erreichen. Auch besteht die Möglichkeit, Treffen im privaten Rahmen außerhalb des Firmengeländes und der Arbeitszeit zu vereinbaren. Um das Vertrauen in die Zusammenarbeit mit der AGG-Beauftragten zu gewährleisten, wird Verschwiegenheit in jedem Schritt des Verfahrens sehr ernst genommen. Dies ist auch deswegen wichtig, weil sie auch als Vertrauensperson zur Verfügung steht. Aus diesem Grund werden im Verfahren auch nur Schritte unternommen, denen die betroffene Person zugestimmt hat.

Rollenverständnis und Haltung: nicht formalisiert, sondern personalisiert

Soweit möglich, können Beschwerden und Konflikte, sofern sie nicht sehr schwerwiegend sind, auf einer persönlichen Ebene – unterhalb eines Beschwerdeverfahrens – geklärt werden. Rollenverständnis und Aufgaben der AGG-Beauftragten umfassen eine doppelte Strategie. Auf der einen Seite soll sie das gegenseitige Verständnis fördern und daher auch zur Schlichtung von Konflikten beitragen. Gleichzeitig versteht sie ihre Aufgabe auch darin, gegenüber den diskriminierungsverantwortlichen Personen klare Worte zu finden.

So in einem Fall, als eine Person aus der Belegschaft auf sie zugekommen ist, weil sie sich durch übergriffige „Witze“ unwohl fühlte. Daraufhin sprach die AGG-Beauftragte den Verursacher an und bat ihn, dieses Verhalten zu unterlassen. Dies führte nicht direkt zu einem veränderten Verhalten, worauf sie eine zweite Warnung aussprach, in der auch die Möglichkeit einer offiziellen Beschwerde nach dem AGG angesprochen wurde. Danach stellte die Person das Verhalten ein.

Dieses Vorgehen entspricht einer klaren Ausrichtung des Betriebs auf eine offene und kollegiale Unternehmenskultur. Es baut auf einem Verständnis von freundlichem Umgang auf, der es den Mitarbeitenden erleichtert, ins Gespräch zu kommen. Der Geschäftsführer der Kabelkonfektion GmbH legt beispielsweise Wert darauf, in regelmäßigen Rundgängen durch die Firma den direkten Austausch mit den Mitarbeitenden zu suchen, um zu erfahren, wie es ihnen geht und ob es aktuelle Anliegen oder Themen gibt.

Aufgrund der langjährigen guten Erfahrung mit der AGG-Beauftragten und dem persönlichen Kontakt kennen und respektieren Mitarbeitende sie in ihrer Funktion und vertrauen ihrer Einschätzung, weshalb sie sich auch bei „kleineren“ Anliegen an sie wenden.

Tipps für die Übertragung

Eine diskrete Erreichbarkeit als AGG- oder Vertrauensperson erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich Mitarbeitende an sie wenden.

Durch aktives Zuhören und eine einfühlsame Gesprächsführung fühlen sich Mitarbeitende ernst genommen und verstanden.

Ein Mandat von der betroffenen Person schafft Vertrauen und ermöglicht eine deeskalierende Konfliktlösung. Da die beschwerdeführenden Personen sie als Vertrauensperson parteilich an ihrer Seite sehen, ziehen nur wenige ihre Anliegen zurück.

Das Vertrauen in die AGG-Beauftragte hängt maßgeblich von deren Standing und Bekanntheit im Betrieb ab. Sollten Personen mit vergleichbarer Rolle aus dem Unternehmen ausscheiden, müssen Arbeitgeber kritisch prüfen, ob und wie sie die Aufgabe nachbesetzen können.

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