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AGG-Beschwerdestelle: Landeshauptstadt München

Die Beschwerdestelle der Landeshauptstadt München ist bei den zentralen Anlauf-, Beschwerde- und Beratungsstellen angesiedelt und durch ein multiprofessionelles Team mit juristischer und psychologischer Expertise besetzt. Sie ist für alle städtischen Beschäftigten und Bewerber*innen zuständig.

Das Wichtigste in Kürze

Arbeitgebertyp:
Öffentlicher Betrieb und Verwaltung
Branche:
Öffentliche Verwaltung
Anzahl der Mitarbeiter*innen:
circa 45.000
Beschwerdestruktur:
für sexuelle Belästigung seit 2002, für Diskriminierung seit 2007
Weitere Maßnahmen / Strukturen:
Weitere Beratungsstellen als Teil beziehungsweise in Ergänzung der Beschwerdestelle (zum Beispiel Mediation, psychosoziale Beratungsstelle), Vertrauliche Beratung
Good Practice-Fokus:
  • Anlaufstelle für Diskriminierung, sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt und Mobbing
  • Expertisebasierte Aufteilung der Zuständigkeiten
  • Durchsetzung des Maßregelungsverbots und Mitbestimmung im Beschwerdeverfahren
  • Klärung, Ermittlung und Umsetzung von Sanktionen in einer Hand

Kontakt

Susanne Reimann E-Mail: susanne.reimann@muenchen.de Telefon: 089 233 26 499

Kurzbeschreibung des Akteurs

Die Stadtverwaltung München ist die kommunale Selbstverwaltung der bayerischen Landeshauptstadt und die größte ihrer Art in Deutschland. Sie umfasst 15 Referate und sechs Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften mit insgesamt circa 45.000 Beschäftigten. Die Referate decken eine breite Palette von Aufgaben ab, von Stadtentwicklung und Gesundheit bis hin zu Kultur und Umweltschutz. Zudem betreibt die Stadt diverse weitere Betriebe und Beteiligungen.

Gesprächspartner*innen

Das Reflexionsgespräch wurde mit der Leitung der AGG-Beschwerdestelle geführt, die Diplom- Psychologin und Psychotherapeutin ist.

Aufbau der Beschwerdestruktur

Seit 2002 verfügt die Landeshauptstadt München über eine zentrale Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung, die aufgrund ihrer Vorbildfunktion bereits in die Praxissammlung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) aufgenommen wurde. Im Zuge der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wurde 2007 eine weitere Beschwerdestelle gegen Diskriminierung eingerichtet. Beide Stellen wurden später zu der zentralen Beschwerdestelle nach dem AGG, für sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt und Mobbing, zusammengelegt. Die Beschwerdestelle ist für alle städtischen Beschäftigten und Bewerber*innen zuständig.

Zudem ist die Beschwerdestelle zuständig für die Aufklärung und dienstaufsichtliche Würdigung sämtlicher Beschwerden von Kund*innen der Stadt München, Schüler*innen städtischer Schulen und Kindern in städtischen Kitas, Tagesheimen und Heimen sowie deren Sorgeberechtigten bei dem Verdacht auf sexuelle Belästigung durch städtische Beschäftigte.

Die Beschwerdestelle ist eine eigenständige Abteilung neben Personal- und Rechtsabteilung und steht daher im engen Kontakt mit der Rechtsabteilung sowie weiteren Beratungsstellen wie der Mediation und der psychosozialen Beratungsstelle. Sie besteht aus einem Team von vier Fachkräften, das insgesamt 3,1 Vollzeitstellen umfasst. Geleitet wird die Stelle von einer Psychologin und Psychotherapeutin, unterstützt von Volljurist*innen.

Die Aufgaben der Beschwerdestelle umfassen sowohl die Ermittlung und Klärung von Sachverhalten als auch die Durchführung von Sanktionen. Zudem bietet sie eine vertrauliche Beratung vor einem Beschwerdeverfahren an, um das Verfahren und mögliche Vorgehensweisen persönlich, telefonisch oder online kurzfristig zu besprechen.

Um ihre Bekanntheit bei den Mitarbeitenden zu fördern, engagiert sich die Beschwerdestelle aktiv durch jährliche Rundschreiben, einen Intranet-Auftritt, persönliche Vorstellungen bei Personalversammlungen sowie stadtweite Infoveranstaltungen, etwa an Gesundheitstagen. Führungskräfte der Stadt sind durch die Dienstvereinbarung „DV Fair – zum fairen Umgang am Arbeitsplatz und gegen Mobbing“ verpflichtet, die Beschwerdestelle bei Diskriminierungsfällen einzubeziehen und sich bewusst mit Konflikten und Mobbing auseinanderzusetzen. Zudem werden durch die Stelle die Pflichtschulungen sämtlicher Führungskräfte zum AGG durchgeführt, ebenso wie die freiwilligen Vertiefungsschulungen zum Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.

Darüber hinaus unterstützt die Beschwerdestelle die Tochterfirmen der Stadt beim Aufbau eigener Beschwerdestrukturen und übernimmt bei kleineren Tochtergesellschaften mit bis zu 20 Mitarbeitenden auch die Durchführung von Beschwerdeverfahren beim Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.

Good Practice-Fokus und praktische Erfahrungen

Zentrale Beschwerdestelle nach dem AGG, für sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt und Mobbing.

Die Beschwerdestelle dient als zentrale Anlaufstelle für verschiedenste Beschwerden, einschließlich Diskriminierung, Konflikte und Mobbing. Sie leitet die Anliegen je nach Fall auch an die zuständigen Stellen weiter. Durch diese flexible Struktur können unterschiedliche Beschwerden bedarfsgerecht und rechtssicher behandelt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Betroffene von Fachstellen oder der Personalvertretung begleitet werden. Verwandte und Ehepartner*innen sind als Begleitung jedoch ausgeschlossen, um sicherzustellen, dass keine wichtigen Informationen zurückgehalten werden.

Da die Beschwerdestelle mit circa 170 Fällen pro Jahr gut genutzt wird, gerät sie aufgrund begrenzter personeller Ressourcen auch immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen. Trotz der Bemühungen um eine niedrigschwellige Beschwerdestruktur sind bestimmte Gruppen, insbesondere aus dem LGBTQIA*-Bereich, in den eingegangenen Beschwerdefällen unterrepräsentiert. Es wird vermutet, dass sich Betroffene häufiger an spezialisierte Fachstellen wenden, die Fälle teilweise an die Beschwerdestelle weiterleiten. Dies unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Anlaufstellen.

Expertisebasierte Aufteilung der Zuständigkeiten

Die Beschäftigten der Beschwerdestelle verfügen über juristische und psychologische Expertise, die je nach Bedarf innerhalb der Beschwerdeverfahren und Beratung gezielt eingesetzt wird. Jurist*innen kommen beispielsweise bei Dienstaufsichtsthemen oder Kündigungen zum Einsatz, während die Psychologin insbesondere Personalgespräche führt, die einen Perspektivwechsel fördern sollen, oder eingesetzt wird, wenn Kinder und Jugendliche betroffen sind.

Durchsetzung des Maßregelungsverbots und Mitbestimmung im Beschwerdeverfahren

Die Beschwerdestelle engagiert sich aktiv für die Durchsetzung des Maßregelungsverbots. In der Praxis bedeutet dies, dass sie im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gezielte Maßnahmen in den Dienststellen ergreift, um einen schützenden Rahmen für alle Beteiligten zu gewährleisten. Dies kann die klare Festlegung von Kommunikationswegen, die Ermöglichung von Homeoffice-Arbeit oder das Aussprechen von Kontaktverboten umfassen. Die Beschwerdestelle verfügt dabei über die Befugnis, entsprechende Weisungen zu erteilen. Außerdem überprüft die Beschwerdestelle circa sechs Monate nach Abschluss einer Beschwerde, ob es in der Abteilung der beschwerdeführenden Person weitere Vorfälle gab, wie es den Betroffenen geht und wie das Teamklima ist. In der Vergangenheit wurden zudem Führungskräfte dienstaufsichtlich belangt, wenn sie von einem Vorfall wussten, aber nicht angemessen darauf reagiert haben. In besonderen Fällen gehen die Mitarbeitenden der Beschwerdestelle auch in ein Team und sprechen über das Maßregelungsverbot gemeinsam. Auch die Zusammenarbeit mit den Führungskräften und Absprachen spielen eine wichtige Rolle.

Darüber hinaus wird den Beschwerdeführenden Entscheidungsfreiheit gewährt, ob sie eine offizielle Beschwerde einreichen möchten oder nicht, d.h. ob sie als offizielle Zeug*innen zur Verfügung stehen.

Klärung, Ermittlung und Sanktionen aus einer Hand

Die Stadt München, einschließlich des Stadtrats, legt großen Wert auf eine klare und einheitliche Handhabung von Diskriminierungsfällen. Die zentrale Beschwerdestelle nach dem AGG, sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt und Mobbing, übernimmt daher alle Ermittlungen und Entscheidungen in diesen Angelegenheiten. Dienststellen selbst sind nicht für die Aufklärung zuständig. Besonders ist, dass Klärung, Ermittlung und Sanktionen gebündelt durch diese zentrale Stelle erfolgen, was eine konsistente Vorgehensweise bei den rund 45.000 Beschäftigten sicherstellt, insbesondere in gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Mit dieser Struktur wird berücksichtigt, dass viele Dienststellen nur selten mit solchen Fällen in Berührung kommen. Auch das erworbene Wissen aus Schulungen verblasst oft schnell. Die zentrale Stelle garantiert die einheitliche Bearbeitung und Umsetzung der Maßnahmen. Widersprüchliche Entscheidungen, wie eine Kündigung in einem Fall und ein Personalgespräch im anderen, werden damit vermieden.

Ein weiterer Vorteil dieses Vorgehens besteht darin, dass bei disziplinarrechtlichen Verfahren die Zeug*innen den Jurist*innen bei der Anhörung bereits vertraut sind. Da die Beschwerdestelle auch Kinder und junge Menschen anhört, wird so ein besonders behutsamer Umgang gewährleistet.

Tipps für die Übertragung

Betroffene sollten bei Konflikten und Diskriminierung unkompliziert Unterstützung finden. Dabei gelten für Diskriminierung andere rechtliche Vorgaben als für Mobbing.

Bei der Einrichtung einer Beschwerdestelle ist es wichtig, darauf zu achten, dass diese eng an die Rechtsabteilung angebunden oder in diese integriert wird. Dies gewährleistet, dass nachgewiesene Diskriminierungsfälle konsequent verfolgt und bei Bedarf rechtliche Schritte eingeleitet werden können, zum Beispiel auch vor Gericht zu gehen.

Zusätzlich betont die Gesprächspartnerin die Bedeutung einer multiprofessionellen Besetzung der Beschwerdestelle. Neben juristischer Expertise sollten auch psychosoziale Aspekte durch die Qualifikation der Beauftragten abgedeckt werden.

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