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AGG-Beschwerdestelle: MVV Energie AG

Die Beratungsstelle Allgemeine Gleichbehandlung (AGG) des Mannheimer Energieunternehmens MVV legt einen Schwerpunkt auf die niederschwellige und vertrauliche Erreichbarkeit mit dem Fokus auf Beratung und Begleitung Betroffener und im Bedarfsfall der Einleitung eines Beschwerdeverfahrens.

Das Wichtigste in Kürze

Arbeitgebertyp:
Öffentlicher Betrieb und Verwaltung
Branche:
Energieversorgung
Anzahl der Mitarbeiter*innen:
circa 2.200 am Standort Mannheim, circa 6.400 in der MVV Gruppe
Beschwerdestruktur:
seit 2022
Weitere Maßnahmen / Strukturen:
Beratung durch eine zivilgesellschaftliche Antidiskriminierungsberatungsstelle (adb Mannheim), Verweis an den betriebsärztlichen Dienst oder die BEM-Beratung des Betriebs (intern) und das adb sowie heycare (extern)
Good Practice-Fokus:
  • Zentrale Anlaufstelle für verschiedene Belange der Mitarbeiter*innen, die Beratung und die Bearbeitung von Beschwerden anbietet
  • Qualifizierung durch und stetige Kooperation mit dem Antidiskriminierungsbüro Mannheim (adb), das zusätzliche fachliche Expertise bietet
  • Starker Fokus auf einzelne Vertreter*innen der Beschwerdestelle

Kontakt

Carsten Jeblick E-Mail: carsten.jeblick@mvv.de Telefon: 0621 290 2920

Kurzbeschreibung des Akteurs

MVV ist eines der führenden Energieversorgungsunternehmen in Deutschland mit Sitz in Mannheim. Das Unternehmen ist teilprivatisiert und die Stadt Mannheim ist Mehrheitsaktionär. Die MVV Energie AG ist bundesweit und im europäischen Ausland tätig.

Gesprächspartner*innen

Das Reflexionsgespräch wurde mit einem Vertreter der AGG-Beratungsstelle geführt, der gleichzeitig Diversity Manager und Inklusionsbeauftragter ist.

Aufbau der Beschwerdestruktur

Die hier beschriebene Anlaufstelle von MVV bietet Mitarbeitenden Beratung und Unterstützung zu möglichen Diskriminierungsvorfällen und Konflikten und gleichzeitig die Möglichkeit einer Beschwerde im Sinne des AGG. Aufgrund der weit gefassten Zuständigkeiten hat sie die Bezeichnung „AGG-Beratungsstelle Allgemeine Gleichbehandlung (AGG)“. Diese im Betrieb geläufige Bezeichnung wird im Weiteren im Text verwendet.

Vor der Einrichtung der AGG-Beratungsstelle waren die Personalabteilung, der Betriebsrat und die Führungskräfte je nach Fall für die Bearbeitung von Diskriminierungsfällen verantwortlich. Um das Thema zu bündeln, wurde 2022 die innerbetriebliche AGG-Beratungsstelle mit Unterstützung durch das Antidiskriminierungsbüro Mannheim als zentrale Anlaufstelle eingerichtet. Sie ist für den Mannheimer Standort des Unternehmens zuständig. Die AGG-Beratungsstelle ist im Personalressort des Unternehmens in der Stabsabteilung Vielfalt und Prävention angesiedelt, jedoch nicht in die Personalabteilung integriert, sondern direkt der Personalvorständin zugeordnet. Weitere dieser Stabsabteilung zugeordnete Themen sind Datenschutz, Arbeitssicherheit, der betriebsärztliche Dienst und Gesundheitsmanagement.

Das Antidiskriminierungsbüro Mannheim hat die Vertreter*innen der Beschwerdestelle in einem Workshop qualifiziert und berät die AGG-Beratungsstelle in Beschwerdefällen durch ein Beratungskontingent weiterhin fachlich.

Good Practice-Fokus und praktische Erfahrungen

Top-down-Initiierung und Haltung des Betriebs

Der MVV-Vorstand hat in der Stabsstelle Vielfalt und Prävention die Themen Vielfalt, Inklusion und AGG zentral gebündelt und die Erarbeitung einer MVV-Vielfaltsstrategie initiiert. Diese vom Vorstand verabschiedete Vielfaltsstrategie umfasst konkrete Ziele zu Antidiskriminierung und interner Bewusstseinsbildung. Zu den bereits umgesetzten Maßnahmen gehört die Produktion eines Films zur Aufklärung über Diskriminierung am Arbeitsplatz, der im Kontext der Führungskräfteentwicklung zur Sensibilisierung gezeigt wurde. Derzeit werden alle Führungskräfte verpflichtend zu den Themen Vielfalt und AGG geschult und zusätzlich für alle Mitarbeitenden offene Unconscious Bias Trainings durchgeführt. In diesen Maßnahmen zeigt sich die klare Haltung des MVV-Vorstands. Die Vielfaltsstrategie sowie die Themen Inklusion und AGG sind fester Bestandteil des Begrüßungsprogramms für neue Mitarbeitende und haben entsprechende Strahlkraft ins Unternehmen.

Beispielhaft für das Bemühen des Betriebs um eine Stärkung der positiven Fehlerkultur ist auch die Durchführung eines Formats, bei dem Führungskräfte eigene Fehler und Lerneffekte offenlegten. Dies hatte nach Berichten des Gesprächspartners einen positiven Effekt auf das Betriebsklima und schaffte Raum für mehr Besprechbarkeit.

Ansiedlung und personelle Besetzung

Die Ansiedlung der AGG-Beratungsstelle in einer Stabsabteilung bietet den Vorteil, dass dort mehrere Aufgabenfelder zusammenlaufen und gemeinsam bearbeitet werden können. Dies verschafft MVV den Vorteil, den Beschäftigten, internen Stakeholdern und externen Interessensträgern für diese Themen eine zentrale Anlaufstelle anbieten zu können. Hierdurch werden Ressourcen gebündelt und Wissen nachhaltig aufgebaut. Diese Synergie erwies sich bereits im Geschäftsjahr 2023 als gewinnbringend. Die Themen Vielfalt, Inklusion und Antidiskriminierung sind auch durch die begleitenden Kommunikationsmaßnahmen präsenter und neue Unterstützungsangebote wurden geschaffen. Neben Antidiskriminierung ist das Ressort auch für Datenschutz, Arbeitssicherheit, den betriebsärztlichen Dienst, das betriebliche Gesundheitsmanagement und das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement zuständig. Da es hier thematische Überschneidungen geben kann, entstehen durch die Bearbeitung innerhalb einer Abteilung Synergien. Je nach Bedarf vermittelt die AGG-Beratungsstelle an die Betriebsärztin/den Betriebsarzt oder die BEM-Beratung des Betriebs oder an andere geeignete Stellen weiter.

Um die AGG-Beratungsstelle möglichst niederschwellig zu gestalten, ist sie sehr stark auf ein Mitglied ausgerichtet, das besonders bekannt gemacht wird. Name und Foto des Vertreters finden sich beispielsweise auf Informationsmaterialien und im Intranet. Durch den Zuschnitt auf eine bestimmte Person soll mehr Vertrauen in die Stelle geschaffen werden. Diese Strategie wirkt, die AGG-Beratungsstelle wird verstärkt aufgesucht. Eine (weibliche) Vertretung gewährleistet, dass Ratsuchende wählen können, an wen sie sich wenden. Auch die Zuständigkeit der AGG-Beratungsstelle für nur einen Standort wird damit begründet, dass sie so näher an den Mitarbeitenden ist.

Strukturelle Einbindung

Die Zuständigkeit der AGG-Beratungsstelle ist sehr weit gefasst, sodass sich Mitarbeitende mit verschiedenen Anliegen an eine zentrale Stelle in einem geschützten Rahmen wenden können. Dies trägt neben den bereits genannten Aspekten zu einer niederschwelligen Gestaltung der AGG-Beratungsstelle bei. Der Fokus der AGG-Beratungsstelle liegt dabei stärker auf dem Aspekt der Beratung. Ratsuchende werden im Vorfeld über die verschiedenen Möglichkeiten der Verfahren (Beratung vs. Beschwerde) aufgeklärt. Die Beschwerdestelle begründet den Fokus auf Beratung damit, dass Beschwerden von potenziell Beschwerdeführenden als hochschwelliger wahrgenommen werden. Das zusätzliche Angebot soll sicherstellen, dass Fälle häufiger besprechbar gemacht und Lösungen gefunden werden, bevor es zur Eskalation kommt.

Bis auf Ausnahmefälle (zum Beispiel sexueller Übergriff, rassistische Beleidigung) gilt das Auftragsprinzip. Dieses besagt, dass die AGG-Beratungsstelle erst aktiv wird, wenn ein*e Betroffene*r einen entsprechenden Auftrag zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens erteilt. In Ausnahmefällen greift die Fürsorgepflicht nach § AGG 12 und ein formelles Beschwerdeverfahren wird eingeleitet. Bisher wurden im Betrieb noch keine Beschwerdeverfahren durchgeführt. Die Ursache hierfür sieht der Gesprächspartner im noch jungen Bestehen der Stelle. Bisherige Anliegen hätten durch Beratung bearbeitet werden können. Die Beratenen zeigten sich zufrieden mit den Ergebnissen des Prozesses.

Die Fälle werden anonym dokumentiert. Die Fallzahlen und Themen werden anonymisiert im Jahresbericht gemeinsam mit den Zahlen der Inklusionsbeauftragung an den Vorstand kommuniziert. Die Mitarbeitenden der Beschwerdestelle an den Vorstand kommuniziert. Mit den Mitarbeitenden aus dem Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) werden die Themen ebenfalls besprochen und für die Jahresplanung der BGM-Prävention berücksichtigt.

Externe fachliche Beratung

Die AGG-Beratungsstelle der MVV arbeitet mit dem Antidiskriminierungsbüro Mannheim zusammen, das nicht nur bei der Einrichtung der Beschwerdestelle beraten hat, sondern auch darüber hinaus weiter fachlich unterstützt. Die Kooperation zwischen der AGG-Beratungsstelle und dem Antidiskriminierungsbüro Mannheim umfasst zum einen die Qualifizierung der Vertreter*innen der AGG-Beratungsstelle. Zum anderen können sich die Vertreter*innen der AGG-Beratungsstelle bei konkreten Fällen coachen lassen. Dafür ist ein festes Stundenkontingent mit dem adb Mannheim vereinbart. Zudem werden auch Ratsuchende, von Diskriminierung Betroffene und beschwerdeführende Personen an das Antidiskriminierungsbüro Mannheim und andere Stellen verwiesen. Die Adressen sind im Intranet aufgelistet.

Tipps für die Übertragung

Als wichtigen Gelingensfaktor identifiziert der Gesprächspartner die intrinsische Motivation der beteiligten Personen, sich mit den Themen rund um Antidiskriminierung zu beschäftigen. Es bedarf einer hohen Motivation zur Lösungsfindung sowie eines starken Bewusstseins für die Verantwortung, die mit der Aufgabe einhergeht. Weitere Kompetenzen, über die Vertreter*innen von Beschwerdestellen verfügen sollten, sind neben einem geschärften Diskriminierungsverständnis und Kompetenzen zu Antidiskriminierung Fingerspitzengefühl und eine gute Menschenkenntnis.

Sowohl auf individueller als auch auf betrieblicher Ebene sollte die Auseinandersetzung mit Antidiskriminierung immer als Lernprozess gesehen werden. Hierfür wird eine gute Fehler- beziehungsweise Feedbackkultur und ein gewisses Durchhaltevermögen benötigt.

Die Unterstützung der Strukturen auf Ebene der Unternehmensführung und durch den Betriebsrat ist von Bedeutung, da sie den Strukturen eine größere Durchschlagskraft verleiht. Der Führungsebene kommt dabei eine besondere Vorbildfunktion zu. Zuletzt ermutigt der Gesprächspartner dazu, die Expertise von Fachleuten zu beanspruchen, da ihr Wissen eine wichtige Ergänzung und Unterstützung darstellen kann.

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