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AGG-Beschwerdestelle: Schwankhalle

In der Schwankhalle, einem kleinen Betrieb im Kulturbereich, ist die Beschwerdestelle mit drei Mitarbeitenden besetzt. Davon ist eine Honorarkraft. Die Beschwerdestelle wurde 2022 unter Begleitung durch externe Expertise gegründet.

Das Wichtigste in Kürze

Arbeitgebertyp:
Gemeinnützige Organisation
Branche:
Kunst, Unterhaltung und Erholung
Anzahl der Mitarbeiter*innen:
15 festangestellte Mitarbeitende und 15 Honorarkräfte und Minijobber*innen
Beschwerdestruktur:
seit 2022
Good Practice-Fokus:
  • Begleitung bei der Einrichtung der Beschwerdestelle und der Entwicklung des Beschwerdeverfahrens
    durch eine externe Stelle
  • Durchspielen von Szenarien in Rollenspielen, um Beschwerdestruktur und Verfahren weiterzuentwickeln
  • Zuständigkeit für Honorarkräfte und Einbindung einer Honorarkraft in die Beschwerdestelle
  • Umgang mit Herausforderungen bei sehr kleinem Kollegium

Kontakt

Jeyan Kültür E-Mail: ibs@schwankhalle-bremen.de Telefon: 0421 520 80 713 Janna Schmidt E-Mail: ibs@schwankhalle-bremen.de Telefon: 0421 520 80 740 Kathrin Schäfer E-Mail: ibs@schwankhalle-bremen.de Telefon: 0421 520 80 741

Kurzbeschreibung des Akteurs

Die Schwankhalle ist eine Spiel- und Produktionsstätte für die freien darstellenden Künste in Bremen. Mit circa 30 Mitarbeitenden, darunter auch freie Mitarbeitende und Minijobber*innen, ist sie ein kleiner Betrieb des Trägervereins Neugier e. V. Die Schwankhalle hat kein eigenes Ensemble, sondern wechselnde Gastspiele und Koproduktionen mit lokalen und überregionalen Künstler*innen im Haus.

Gesprächspartner*innen

Das Reflexionsgespräch wurde mit den drei Beauftragten für die Beschwerdestelle geführt. Eine Kollegin arbeitet als Produktionsleitung, eine andere in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die dritte ist als Honorarkraft im Bereich Grafik/Ticketing beschäftigt.

Aufbau der Beschwerdestruktur

Anstoß zur Einrichtung der Beschwerdestelle war ein Antidiskriminierungsworkshop, der Ende 2021 durchgeführt wurde. Daraus entstand eine Arbeitsgemeinschaft (AG), die zunächst intensiver zum Thema interne Beschwerdestelle arbeitete. Im Sommer 2022 wurde unter Mitwirkung der drei Mitarbeiterinnen, die nun für die Beschwerdestelle zuständig sind, eine interne Beschwerdestelle eingerichtet.

Die Beschwerdestelle ist für alle Mitarbeitenden und auch für Honorarkräfte und Minijobber*innen zuständig. Sie richtet sich nicht explizit an Ensemblemitglieder aus den Gastspielen, da die Dauer der Kooperation mit durchschnittlich einer Woche sehr kurz ist und die Durchführung von Beschwerdeverfahren so erschwert würde. Würden sich Personen aus den Gastensembles andie Beschwerdestelle wenden, würde diese die Fälle jedoch auch bearbeiten. Die Beschwerdestelle nimmt auch Fälle außerhalb der AGG-Merkmale oder Mobbing-Vorfälle auf und trägt diese an die Vorstände des Vereins heran.

Die Beschwerdestelle ist mit drei Mitarbeiterinnen besetzt. Die Geschäftsführung ist nicht vertreten, was von den Vertreterinnen der Beschwerdestelle begrüßt wird. Die Stelle setzt sich aus Personen zusammen, die sich aus der AG Antidiskriminierung freiwillig zur Verfügung gestellt haben. Da bei der Schwankhalle etwa die Hälfte der Beschäftigten Honorarkräfte und Minijobber* innen sind, schien es den Beteiligten sinnvoll, eine Honorarkraft zu berufen.

Good Practice-Fokus und praktische Erfahrungen

Externe Expertise

Die Zusammenarbeit mit der externen Organisation „ADA – Antidiskriminierung in der Arbeitswelt“ aus Bremen erfolgte recht früh im Prozess der Einrichtung, um sich grundlegende Informationen und Expertise einzuholen. ADA hat die Vertreterinnen der Schwankhalle über den gesamten Prozess hinweg durchgehend begleitet. Parallel nahmen die Vertreterinnen bereits vor der offiziellen Begründung ihrer Beschwerdestelle an den Treffen einer Arbeitsgruppe teil, in der Vertreter*innen unterschiedlicher Bremer Beschwerdestellen zusammenkamen. Die Arbeitsgruppe wurde auf Initiative der ADA eingerichtet und wird organisatorisch und inhaltlich durch ADA betreut.

Die Unterstützung durch ADA bestand vor allem in Form von Wissenstransfers. ADA unterstützte auch bei der Recherche zu Vorgaben und Empfehlungen für die Einrichtung einer Beschwerdestelle. ADA präsentierte keine fertigen Konzepte, sondern gab zu den von der Schwankhalle selbst entwickelten Lösungen eine fachliche Einschätzung zu Machbarkeit und rechtlichen Voraussetzungen ab. Die Moderation des Entwicklungsprozesses lag bei der Schwankhalle selbst. Dieser Ansatz bietet den Vorteil, dass die Verantwortlichkeit für den Prozess und auch für das Ergebnis beim Betrieb selbst verbleibt.

Eine fallbezogene Fachberatung mit ADA ist nicht verabredet, jedoch auch nicht ausgeschlossen.

Rollenspiele und Durchspielen von Szenarien

Seit Bekanntmachung der Beschwerdestelle 2022 sind keine Beschwerdefälle eingegangen. Um dennoch gut vorbereitet und bei Bedarf handlungsfähig zu sein, haben die Vertreterinnen verschiedene Szenarien als Rollenspiele durchgespielt und auf diese Weise ihr Handeln erprobt und reflektiert. Mit dieser Methode konnten sie zum Beispiel einen Leitfaden für ein Erstgespräch entwickeln. Zum Ende des fiktiven Gesprächs treffen sie gemeinsam eine Entscheidung, ob es sich bei dem geschilderten Fall um einen AGG-Fall handelt. In diesem Rahmen diskutierten sie auch, welche Haltung sie in den Gesprächen mit beschwerdeführenden Personen einnehmen möchten und vor welche Herausforderungen die kleine Größe des Betriebs sie dabei stellt.

Beschwerden in einem kleinen Betrieb

Die Mitarbeiterinnen haben folgendes Vorgehen verabredet: Im AGG-Fall muss die betroffene Person den Auftrag erteilen, dass die Beschwerdestelle weitere Ermittlungen anstellen kann. Diese Entscheidung wird schriftlich festgehalten, das angefertigte Gesprächsprotokoll wird gegengelesen und unterschrieben. Ist eine Beschwerde formell eingelegt, kann sie nicht wieder zurückgenommen werden und würde von der Beschwerdestelle auch ohne Einverständnis der beschwerdeführenden Person weiterverfolgt.

Bei einem Betrieb mit rund 30 Mitarbeitenden ist die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens besonders sensibel, da sich alle beteiligten Personen meist gut kennen. Das Beschwerdeverfahren der Schwankhalle sieht daher beispielsweise vor, dass die Vertreter*innen der Beschwerdestelle bei schweren Anschuldigungen zunächst die Leitung hinzuziehen und nicht direkt mit der beschuldigten Person sprechen. Dies dient dem Schutz der beschwerdeführenden Person und berücksichtigt die möglichen Folgen für sie.

Das kleine Kollegium macht es besonders herausfordernd, sowohl Unterstützung für Betroffene anzubieten als auch als Beschwerdestelle Neutralität zu bewahren. Bei Gesprächen wird die beschwerdeführende Person daher von einer Person aus der Beschwerdestelle parteilich begleitet. Die begleitende Person tritt im gesamten Verlauf des Verfahrens dann nicht mehr als Vertreter*in der Beschwerdestelle auf. Ermittelnde Vertreter*innen der Beschwerdestelle treten in ihrer Funktion hingegen möglichst neutral und objektiv auf.

Tipps für die Übertragung

Nach Einschätzung der Gesprächspartnerinnen ist die personelle Zusammensetzung der Beschwerdestelle besonders wichtig. Um eine gegenseitige Vertretung, kollegialen Austausch sowie Perspektivenvielfalt sicherzustellen, sollte sie nicht von einer Person allein besetzt werden. Auch müssen ausreichende zeitliche und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Sie empfehlen Vertreter*innen der Beschwerdestelle freizustellen und für ihre Tätigkeit im Rahmen der Beschwerdestelle extra zu vergüten.

Zusätzlich bewerten sie die präventive Arbeit gegen Diskriminierung als sehr wichtig. Dazu gehören neben klassischen Angeboten zur Sensibilisierung auch die Kommunikation der Mitarbeitenden untereinander sowie die vorherrschende Fehlerkultur und Ansätze zur Konfliktlösung.

Es ist besonders in einem kleinen Betrieb wesentlich, dass die Beschwerdestelle nicht erst dann aktiv wird, wenn eine Beschwerde eingereicht wird. Vielmehr sollte die Stelle ihre Aufgabe breiter definieren, Bedarfe für präventive Maßnahmen identifizieren und Informationsangebote machen. Darüber hinaus müssten auch die Perspektiven gastierender Künstler*innen oder Dienstleister* innen berücksichtigt werden, die sich nicht in einem klassischen Arbeitnehmerverhältnis mit dem Betrieb befinden, aber dennoch regelmäßig in einem Arbeitsverhältnis zu ihm stehen. So empfiehlt es sich, im Vorfeld jeder Zusammenarbeit zu prüfen, ob eine zusätzliche Sensibilisierung der Mitarbeitenden sinnvoll wäre (zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit behinderten Künstler*innen) und/oder ob für Veranstaltungen bestimmte Vorkehrungen getroffen werden sollten, um die gastierenden Künstler*innen vor potenziellen Diskriminierungen durch Publikum zu schützen.

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