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Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz Interministerielle Arbeitsgruppe und Kampagne LAUT♀STARK. Deine Stimme gegen Sexismus

Das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) des Landes Rheinland-Pfalz entwickelte eine Öffentlichkeitskampagne mit Botschafter*innen, die gegen Sexismus Position beziehen, hat eine Ministerratsvorlage erarbeitet und eine interministerielle Arbeitsgruppe initiiert, die Maßnahmen zum besseren Schutz der Beschäftigten der Ministerien vor Sexismus am Arbeitsplatz entwirft.

Arbeitgebertyp:
Öffentlicher Betrieb und Verwaltung
Anzahl der Mitarbeiter*innen:
2.497 Mitarbeiter*innen in der Landesregierung
Maßnahme:
Kampagne, Ministerratsvorlage, interministerielle Arbeitsgruppe
Durchführung:
seit 2019
Weitere Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung:

Externe Beratungsstelle, Schulungen, Sensibilisierungsmaßnahmen

Kontakt

Dr. Bodo Dehm, Referatsleiter in der Frauenabteilung des MFFKI E-Mail: bodo.dehm@mffki.rlp.de Telefon: 06131 16 4160

Einige Angaben zum Arbeitgeber

Im Bundesland Rheinland-Pfalz leben etwa 4 Millionen Menschen. In der Landesregierung Rheinland-Pfalz arbeiten neben der Staatskanzlei neun Ministerien.

Ausgangslage und Motivation

Die Initiative zur Auseinandersetzung mit Sexismus ging von Frauenministerin Anne Spiegel aus. Ministerin Spiegel war es ein Anliegen, die öffentliche Debatte um die #Me Too- Bewegung auch über die vorübergehende mediale Konjunktur des Themas hinaus weiterzuführen. Daraufhin wurde die Kampagne „LAUT♀STARK. Deine Stimme gegen Sexismus“ mit verschiedenen Teilaktivitäten auf den Weg gebracht. Dazu gehören auch Maßnahmen für die Beschäftigten in den Landesministerien zum Schutz vor Sexismus am Arbeitsplatz, da es auch dort zu Vorfällen sexueller Belästigung kommen kann. In diesem Kontext entstand eine interministerielle Arbeitsgruppe und alle Minister*innen im Land Rheinland-Pfalz unterstützten eine Ministerratsvorlage, in der sie sich verpflichteten, den Schutz der Beschäftigten vor Sexismus verstärkt anzugehen.

In der neuen Legislaturperiode führt Ministerin Katharina Binz die Kampagne nun gemeinsam mit den Botschafterinnen und Botschaftern fort.

Maßnahmenbeschreibung

Auf der Homepage der Kampagne LAUT♀STARK wird über die Ziele der Kampagne informiert, der Begriff Sexismus erklärt und es werden Stellen benannt, an die sich Betroffene wenden können – auch in leichter Sprache. Zentrales Element sind dabei 34 Botschafter*innen, die sich mit Fotos und kurzen Statements zu Sexismus auf der Homepage präsentieren. Die Botschafter*innen sollen das Thema und die Kampagne in ihre jeweiligen Arbeitsfelder, Communitys und Netzwerke tragen und eigene Aktivitäten anstoßen. Damit können sie erfolgreicher für die Auseinandersetzung mit Sexismus werben als externe Akteur*innen dies könnten. Der Kreis der Botschafter*innen wird laufend erweitert.

Einige der Botschafter*innen beziehen sich in den Statements und in ihren weiteren Aktivitäten explizit auf sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. So veranstaltete der damalige Landrat aus Worms, Walter Görisch, eine Diskussionsrunde zur Problematik sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Annette Diehl vom Frauennotruf Mainz verknüpfte als Vertreterin der 12 Frauennotrufe in Rheinland Pfalz die Kampagne LAUT♀STARK mit der Modellregion „make it work!" (bff) in Rheinland-Pfalz. Sie erreichte so nicht nur die Schlüsselpersonen einzelner Organisationen und Verwaltungen, sondern darüber hinaus wichtige Akteur*innen wie Gewerkschaften, Gleichstellungsbeauftragte und Betriebsrät*innen. Weitere Botschafter*innen adressieren andere Facetten des Themas Sexismus, so z. B. Mädchen aus einem Fußballverein. Künstler*innen wie Andrea Stoll, Autorin und Filmemacherin, machen bei öffentlichen Auftritten und Interviews sowie in social media und in ihren Netzwerken auf die Kampagne aufmerksam. Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist Botschafterin der Kampagne. Im Rahmen der Kampagne fand zudem ein halbtägiger Fachtag zum Thema „zwei Jahre #Me Too“ am 22.11.2019 in Mainz statt. Kurze Videoclips für Social Media wurden mit den Botschafter*innen produziert, verschiedene weitere Formate sind in Planung.

In Rheinland-Pfalz entstand auf Initiative des MFFKI eine interministerielle Arbeitsgruppe zum Thema Sexismus am Arbeitsplatz, in der jeweils eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter aus allen Ministerien und der Staatskanzlei vertreten sind. Die Arbeitsgruppe setzt die Ministerratsvorlage um und entwickelt Maßnahmen gegen Sexismus am Arbeitsplatz in den Ressorts und der Staatskanzlei. In diesem Rahmen wurden Fortbildungsangebote für alle Führungskräfte und alle Personalverantwortlichen in den Ressorts in Zusammenarbeit mit dem für Personalentwicklung zuständigen Innenministerium vorgesehen. Auch bei einem der zwei bis drei Mal jährlich stattfindenden halbtägigen Themennachmittage für die Abteilungsleiter*innen aus den Ressorts und die Präsident*innen der Polizei und der Landesämter wird die Problematik Sexismus am Arbeitsplatz im Zentrum stehen. Weiter erarbeitet die interministerielle Arbeitsgruppe aktuell ein abgestimmtes Verfahren zum Umgang mit Sexismus am Arbeitsplatz. Informationen über die vorhandenen Präventions- und Schutzmaßnahmen in den Dienststellen sollen halbjährlich an die Mitarbeiter*innen verschickt werden, um regelmäßig an die bestehenden Unterstützungsangebote zu erinnern. Bei allen Aktivitäten steht der Zusammenhang von struktureller Benachteiligung von Frauen und Sexismus im Fokus, sexuelle Belästigung wird als eine Form von Sexismus verstanden.

Stimmen aus der Praxis und Wirksamkeit

Die Botschafterin Annette Diehl vom Frauennotruf in Mainz erinnert daran, dass „auch in der Arbeitswelt sexualisierte Grenzverletzungen, Übergriffe, Belästigungen und (Männer-) Gewalt bagatellisiert, tabuisiert, negiert oder als der Norm angehörend dargestellt werden. (…) Die gesellschaftliche Botschaft dahinter ist verheerend – für alle Geschlechter“. Sie sieht die Chance, als Botschafterin der Kampagne LAUT♀STARK den alltäglichen Sexismus in der Arbeits- und Ausbildungswelt in den Fokus zu nehmen. Annette Diehl zufolge unterstützt die Kampagne diejenigen, die sexistische Diskriminierung im (Arbeits-) Alltag erleiden, bemerken oder sehen. Die Kampagne führe zu einer notwendigen Verunsicherung, „wo tradierte Männlichkeits- und Weiblichkeitsmythen zu grenzverletzenden und sexistischen Verhaltensweisen führen.“ Botschafterin Andrea Stoll berichtet, dass sie die Herabwürdigung und sexistische Diffamierung von Frauen seit Studientagen begleitet und sie ebenso lange dagegen angeht. Die Kampagne habe ihr „aus dem Herzen“ gesprochen. Der für die Umsetzung der Kampagne zuständige Referatsleiter im Frauenministerium sieht diverse Zeitungsberichte und Rundfunkbeiträge als Zeichen dafür, dass durch die Kampagne öffentliche Aufmerksamkeit erreicht werden konnte. Menschen seien im Rahmen der Veranstaltungen ins Gespräch gekommen und eine öffentliche Debatte werde geführt.

Auf Grundlage der Ministerratsvorlage hat sich die Landesregierung selbst verpflichtet, Hilfeleistungen für Betroffene und Schulungen der Führungskräfte zu organisieren. Die Abteilungsleiterin im MFFKI bestätigt die Bedeutung der Ministerratsvorlage. Sie sei eine „starke Ressource“, damit könne Maßnahmen mehr Gewicht und Nachdruck verliehen werden. Dies schaffe eine andere Verbindlichkeit bei der Umsetzung der Fortbildungen und Informationsweitergabe und mache es ihrem Ministerium einfacher, auf die Führungskräfte in den anderen Ministerien zuzugehen. Mit den Maßnahmen zum Schutz der eigenen Beschäftigten gehe die Landesregierung als Arbeitgeber mit gutem Beispiel voran. Die Resonanz der Führungskräfte auf die vorgesehenen Fortbildungen sei erwartungsgemäß gemischt. Daher dienen die Schulungen auch dazu, den Nutzen der Maßnahmen für alle zu verdeutlichen. Ein weiterer Schwerpunkt ist das AGG.

Einbettung der Maßnahme

Die Thematik von Sexismus und sexueller Belästigung wurde in die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen (GFMK) getragen, deren Vorsitz die Ministerin des MFFKI 2019 innehatte. Dort wurde dazu ein Leitantrag formuliert und verabschiedet.

Neben den beschriebenen Aktivitäten wurde als konkrete Schutzmaßnahme auf Initiative des Frauenministeriums bei pro familia Mainz eine spezielle Beratungsmöglichkeit für alle Mitarbeitenden der rheinland-pfälzischen Ministerien und der Staatskanzlei geschaffen. Sie richtet sich an alle, die von Sexismus bedroht oder betroffen sind, die Betroffene kennen oder auch an Führungskräfte, die sich Unterstützung holen wollen. Sie steht allen Geschlechtern offen, ist unabhängig und neutral. Die Stelle leistet Erstberatung und vermittelt bei weiterem Bedarf an andere Stellen mit spezifischerer Expertise. Betroffenen kann eine erste Rechtsberatung finanziert werden, sofern sie keine eigene Rechtsschutzversicherung haben.

Wichtig für die Inanspruchnahme ist, dass die Mitarbeiter*innen der Landesregierung immer wieder auf die bestehenden Möglichkeiten hingewiesen werden. Dafür wurde ein Türaufhänger entwickelt, der allen Beschäftigten ausgehändigt oder an ihre Türen gehängt wurde. Zum Start informierten alle Minister*innen beziehungsweise Leiter*innen der jeweiligen Zentralabteilungen ihre Mitarbeiter*innen über das Beratungsangebot und bekräftigten, dass es in der Landesregierung keine Toleranz gegenüber sexueller Belästigung und sexuellen Übergriffen gebe. Über das Angebot wird auch im Intranet informiert.

Tipps für die Übertragung

Die Kampagne ist aus Sicht des zuständigen Referatsleiters und der Abteilungsleiterin sehr gut übertragbar. Umfangreiche finanzielle Mittel seien nicht erforderlich, allerdings personelle Ressourcen und engagierte Personen für die Ausarbeitung und Umsetzung. Während eine Kampagne von einem Ressort allein umgesetzt werden könne, sei für einen Ministerratsbeschluss und die Umsetzung der damit verbundenen ressortübergreifenden Maßnahmen die Unterstützung durch die anderen Ressorts notwendig. Dafür biete eine interministerielle Arbeitsgruppe eine wichtige Grundlage. Viele Personen müssten dabei überzeugt werden und schließlich an einem Strang ziehen, die Unterstützung der Minister*innen sei erforderlich. In Rheinland-Pfalz sei sehr förderlich gewesen, dass Malu Dreyer als Ministerpräsidentin selbst Botschafterin ist.

Als Tipps für eine Übertragung nennt die zuständige Abteilungsleiterin im Frauenministerium, dass die Einbeziehung externer Expertise – konkret vom Frauennotruf Mainz – hilfreich war. Es sei zudem wichtig, die Ansätze hartnäckig zu verfolgen, klar auszusprechen, um was es geht, auf die Bedenken der Beteiligten einzugehen und sie zugleich zur Teilnahme zu motivieren. Für ein Vorhaben wie die interministerielle Arbeitsgruppe brauche es Personen, die vorangehen.

Die Botschafterin Andrea Stoll findet die Kampagne übertragbar und eine Fortführung und bundesweite Ausweitung der LAUT♀STARK dringend erforderlich, da sich aus ihrer Sicht „das Thema der sexualisierten Gewalt gegen Frauen in Zeiten der Pandemie noch dramatisch verstärkt hat“. Solidarität für die betroffenen Frauen könnte z.B. im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages gezeigt werden.

Das offizielle Logo vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz