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Demokratieausschuss Lise-Meitner-Gymnasium Crailsheim

Der Demokratieausschuss gehört zur Schüler*innenvertretung (SMV) und wird von aktiven Schüler*innen getragen. Sie organisieren regelmäßig öffentlichkeitswirksame Aktionen an der Schule. So wollen sie Gerechtigkeits- und Antidiskriminierungsthemen in den Fokus rücken – auch gegen ausgrenzende Haltungen an der Schule.

Das Wichtigste in Kürze

Schulform:
Gymnasium
Handlungsfelder:
Diskriminierung als Thema in AGs, Öffentliche Aktionen
Bundesland:
Baden-Württemberg
Diskriminierungskategorie:
alle Diskriminierungskategorien
Durchführung:
seit 2021

Kontakt

Tim Fischer, betreuender Lehrer E-Mail: fischer@lmg-crailsheim.de Telefon: 07951 9611851

Durchführende Organisation

Das Lise-Meitner-Gymnasium ist eine zwei -bis dreizügige Schule mit 460 Schüler*innen in Crailsheim.

Am Reflexionsgespräch Beteiligte

Das Reflexionsgespräch wurde mit drei Schüler*innen aus der 9., 11. und 12. Klasse durchgeführt, die seit Längerem im Demokratieausschuss mitarbeiten. Zusätzliche Informationen bekamen wir vom Verbindungslehrer.

Ausgangslage und Motivation

Das Lise-Meitner-Gymnasium ist schon länger eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Die Aktivitäten waren allerdings etwas eingeschlafen. Als von der Schulleitung eine Ansprechperson für alle Formen der Diskriminierung benannt wurde, lud diese über einen Aushang zum „Demokratieausschuss“ ein.

Die im Ausschuss engagierten Schüler*innen berichten, dass sie damit ein Zeichen setzen wollen gegen eine Stimmung der Gleichgültigkeit oder auch der Ausgrenzung, die sie in der Schüler*innenschaft wahrnehmen.

Maßnahmenbeschreibung

Der Demokratieausschuss

Die SMV-Arbeit an der Schule findet vor allem in Ausschüssen mit verschiedenen Schwerpunkten statt. Im „Demokratieausschuss“ beschäftigen sich Schüler*innen mit gesellschaftlichen und politischen Themen. Die Schüler*innen treffen sich ungefähr einmal im Monat mit dem Verbindungslehrer und überlegen in der Gruppe, ob und wie eine Aktion zu welchem Thema umgesetzt werden kann. Bei einem SMV-Tag hat die Gruppe einen ganzen Tag Zeit, eine Jahresplanung zu machen. Für die Umsetzung der Aktionen gibt es dann – zum Teil in Kleingruppen – oft auch mehrere Treffen in einer Woche.

Bei der Auswahl der Themen reagieren sie zum Teil auf aktuelle Diskussionen und Ereignisse in der Schule, sie greifen aber auch tagespolitische Themen wie „Fast Fashion“ oder die Revolution der Frauen im Iran auf.

Beispiele der Arbeit

Mit ihrer ersten großen Aktion reagierten sie auf einen Trend in der Schüler*innenschaft, Hakenkreuze an Wände und auf Tische zu zeichnen.

Die Schüler*innen recherchierten dazu, suchten sich informative, aber auch satirische Memes im Internet und plakatierten an einem Abend in einer mehrstündigen Aktion den Eingangsbereich und die Gänge der Schule komplett zu. Ziel war, dass die Aktivität für die gesamte Schulgemeinschaft nicht zu übersehen war.

Eine andere Aktivität war eine Themenwoche, in der jeden Tag eine andere Frage in der Schule präsent war: Jeweils eine Kleingruppe aus dem Ausschuss bereitete dafür eine Aktion vor. An einem Tag wurde ein von den Schüler*innen entwickeltes Spiel zu Klassismus in den Unterstufenklassen durchgeführt. Zu Obdachlosigkeit montierten die Schüler*innen auf allen Sitzgelegenheiten im Schulhof und der Aula Hindernisse. An zwei weiteren Tagen standen Ableismus und geschlechtliche Identität im Fokus.
Inzwischen fest etabliert sind Aktivitäten am 17. Mai zum IDAHOBIT („Internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit“). Hier hisst die Schule die Regenbogenfahne und die Schüler*innen des Demokratieausschusses gestalten zusätzliche Aktionen. So haben sie mit Unterstufenklassen ein sehr großes Regenbogen-Transparent gemalt.

Verstetigung und Verankerung

Der Verbindungslehrer, der den Demokratieausschuss betreut, ist auch die Ansprechperson für alle Formen der Diskriminierung. Die Fortsetzung der Arbeit ist geplant, hängt aber auch von der Zahl der aktiven Schüler*innen ab.
Manche vom Demokratieausschuss eingeführten Rituale – wie das Hissen der Regenbogenfahne am 17. Mai zum IDAHOBIT – würden nach Einschätzung der Schüler*innen auch dann weitergeführt, wenn sich der Demokratieausschuss auflösen würde.

Wirkung in der Schule

Die Aktionen sorgen für einen regen Austausch in der Schule. Die beteiligten Schüler*innen nehmen in der Schüler*innenschaft eine erhöhte Aufmerksamkeit für verschiedenste Formen von Diskriminierung wahr. Lehrkräfte berichten von zahlreichen Fragen gerade jüngerer Schüler*innen und auch vielen Diskussionen.

Wirkung auf die beteiligten Schüler*innen

Für die beteiligten Schüler*innen ist der Demokratieausschuss ein Raum, in dem sie miteinander Spaß haben. Sie berichten, dass es ihnen guttut, zu ihren Überzeugungen zu stehen, auch wenn sie zum Teil in der Schüler*innenschaft nicht populär sind.
Über die zum Teil provokativen Aktionen in der Gruppe überwinden sie auch das Gefühl der Hilflosigkeit angesichts der aktuellen politischen Lage.

Gelingensfaktoren, Herausforderungen und Grenzen

Gelingensfaktoren

Aktionsorientierung

Die Schüler*innen haben eine klare Idee, wie der Demokratieausschuss arbeitet. Sie wollen mit ihren unübersehbaren Aktionen Aufmerksamkeit herstellen. Dadurch, dass diese Aktionen aus der Schulgemeinschaft hervorgehen, wird diese auch sehr direkt angesprochen und erreicht. Die Aktionsorientierung des Ausschusses bringt Spaß in die Arbeit und ermöglicht es, dass alle eine Aufgabe haben. Dies hat auch einen motivierenden Effekt.

Interne Organisation

Es gibt über den Klausurtag eine langfristige Planung, die regelmäßigen Treffen ermöglichen dann aber auch, kurzfristig auf Ereignisse an der Schule oder in der Welt zu reagieren. Die kurzen Wege, ein enger Austausch der Mitglieder des Demokratieausschusses mit den Schüler*innen der verschiedenen Jahrgangsstufen und ein Postfach bieten verschiedene Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Über eine gemeinsame Messengergruppe können regelmäßige Updates verschickt werden.

Rolle der Lehrkraft

Für den Start des Demokratieausschusses waren neben dem öffentlichen Aushang die persönliche Ansprache des Verbindungslehrers über seine Klassen und seine Bekanntheit in der SMV-Arbeit entscheidend. In der konkreten Arbeit hat der Verbindungslehrer eher eine ratgebende Rolle. Er kann wie alle anderen auch Ideen für Themen oder Aktionen einbringen.

Die Unterstützung der Schule

Die Schüler*innen betonen die Unterstützung der Schule für ihre Arbeit. Für alle Aktionen müssen sie viele Details wie Brandschutz, Fluchtwege, Finanzierung, Zugang zu Klassen mit der Schulleitung und den jeweils zuständigen Hausmeistern oder Lehrkräften abstimmen. Hier erhalten sie viel Unterstützung.

Herausforderungen und Grenzen

Grenzen der Aktionsorientierung

Das Stilmittel der Konfrontation der gesamten Schulgemeinschaft mit einem Thema durch die Präsentation im gesamten Schulhaus darf nicht zu oft verwendet werden, weil es sonst nicht mehr die gewünschte Wirkung erzielt.
Die Aktivitäten dürfen – so der Verbindungslehrer – kein Selbstzweck werden, weil eine Gruppe nur ihren Spaß haben will, dabei aber an der Schulgemeinschaft vorbeiagiert. Es ist daher wichtig, die verschiedenen Aktionen zu reflektieren und auch das Feedback der Schulgemeinschaft einzubeziehen.

Eine grundsätzliche Veränderung des Schulklimas ist über diese Aktionen nicht zu erreichen. Dies kann auch nicht die Aufgabe einer Schüler*innen-AG sein.

Umgang mit diskriminierenden Äußerungen von Lehrkräften

Für die Schüler*innen ist es herausfordernd, wenn sie mit diskriminierenden Äußerungen von Schüler*innen oder auch Lehrkräften konfrontiert sind. Sie versuchen, darauf mit ihren Möglichkeiten zu reagieren. Sie behandelten mit einer Aktion die Themen, zu denen sich ein*e Lehrer*in geäußert hatte. An anderer Stelle haben sie mit einer Aktion zum Thema Homofeindlichkeit reagiert – ohne auf den konkreten Anlass Bezug zu nehmen. Ihre Hoffnung ist, dass sie die Stimmung unter den Schüler*innen so verändern, dass die Lehrkraft Widerspruch bekommt, wenn sie sich wieder so äußert.

Verstetigung der Arbeit

Der Demokratieausschuss ist mit einer großen Zahl von Schüler*innen gestartet, die von Jahr zu Jahr abnimmt, wenn Schüler*innen die Schule verlassen. Oft sind es auch ganze Cliquen von Schüler*innen, die sich hier gemeinsam engagieren und dann auch gemeinsam wieder die Gruppe verlassen. In einer stark von den Schüler*innen getragenen Struktur besteht dann die Gefahr, dass die Aktivität nur eine Schüler*innengeneration lang besteht.

Tipps für die Übertragung

Die Schüler*innen empfehlen aus ihrer Erfahrung heraus, mit einer Aktion zu starten, die direkt aus der Schule kommt – wie beispielsweise ihre Aktion gegen die Hakenkreuze. Damit sei mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen als mit außerschulischen Themen.
Sinnvoll sei auch, dass in der Gruppe zwei Schüler*innen für eine bestimmte Zeit Koordinationsaufgaben übernehmen und nicht alle alles machen.

Logo: Lise-Meitner-Gymnasium Demokratie-Ausschuss