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Kabinettsbeschluss zu schwulen Justizopfern 22.03.2017

86,1 Prozent der Menschen in Deutschland sind dafür, dass die Strafurteile gegen die in der Bundesrepublik nach dem schwulenfeindlichen § 175 StGB verurteilten Männer aufgehoben werden. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hervor. 69,6 Prozent sprechen sich außerdem für eine Entschädigung aus.

Das Bundeskabinett will am heutigen Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium beschließen, der eine Rehabilitierung vorsieht. "Die Opfer dieses Unrechtsparagrafen haben lange darauf warten müssen", sagte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. "Damit gibt es endlich Gerechtigkeit für die Betroffenen." Der Bundestag müsse das Gesetz nun rasch auf den Weg bringen. "Die verurteilten Männer sind durch Verfolgung und Verurteilung im Kernbestand ihrer Menschenwürde verletzt worden. Sie haben zeitlebens unter der Verurteilung und ihren Folgen gelitten. Von diesem Strafmakel müssen sie endlich befreit werden."

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte 2016 ein Gutachten zum § 175 StGB veröffentlicht. Der Staatsrechtler Prof. Dr. Martin Burgi stellte darin fest, dass der Gesetzgeber aufgrund seiner Schutzpflicht den Auftrag habe, die Opfer zu rehabilitieren. Unmittelbar danach kündigte Bundesjustizminister Heiko Maas ein Gesetzesvorhaben zur Rehabilitierung an.

Homosexuelle Handlungen unter Männern waren unter wechselnden Tatbestandsvoraussetzungen bis 1994 strafbar. Bis zur Entschärfung des Paragrafen im Jahr 1969 wurden schätzungsweise rund 50.000 Männer zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, danach etwa 3.500. Das Leben Hunderttausender weiterer schwuler Männer war durch die Angst vor Entdeckung, Erpressung und Existenzvernichtung geprägt.

Mehr zum Gutachten und zum § 175 StGB finden Sie hier.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im August 2006 gegründet worden. Ziel des Gesetzes ist es, Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen ethnischer Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.