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Jede*r fünfte Befragte sieht sich durch Ämter und Behörden benachteiligt 01.07.2025

  • Repräsentative Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS): 19 Prozent der Befragten berichten von Ungleichbehandlungen bei Behörden, 16 Prozent bei der Polizei
  • Menschen mit Migrationsgeschichte (33 Prozent) und Menschen mit Behinderungen (30 Prozent) sind überproportional betroffen
  • Unabhängige Bundesbeauftragte Ataman: „Das Antidiskriminierungsrecht ist lückenhaft. Menschen sind beim Bäcker besser vor Diskriminierung geschützt als beim Bürgeramt.

Fast jede*r fünfte Befragte berichtet einer aktuellen Umfrage zufolge von Ungleichbehandlungen bei Ämtern und Behörden. 19 Prozent der Befragten bejahten demnach die Aussage, von staatlichen Stellen schlecht behandelt worden zu sein. Davon sind nicht alle gleich betroffen: Menschen mit familiärer Migrationsgeschichte (33 Prozent) sowie Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten (30 Prozent) berichten überdurchschnittlich häufig von solchen Erfahrungen. Das sind die zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage unter 2.000 Personen im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Die Umfrage zeigt, dass nicht alle Menschen auf Ämtern und in Behörden gleich gut behandelt werden“, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman. „Ein Viertel der Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes betreffen staatliche Diskriminierungen. Das Problem ist, dass Betroffene sich kaum gegen solche Benachteiligungen wehren können, auch die Antidiskriminierungsstelle kann nicht tätig werden. Denn der Diskriminierungsschutz im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gilt hier nicht. Dabei sollte gerade der Staat beim Schutz vor Diskriminierung Vorbild sein. Momentan gilt aber: Menschen sind in Deutschland beim Bäcker besser vor Diskriminierung geschützt als im Bürgeramt.

Die Befragten schilderten darüber hinaus auch Benachteiligungen durch die Polizei. So gaben 16 Prozent der Befragten an, von der Polizei unfair behandelt worden zu sein. Auch hier fanden sich bei bestimmten Gruppen deutlich höhere Werte: Jede*r vierte Befragte mit familiärer Migrationsgeschichte gab an, von der Polizei unfair behandelt zu werden. Menschen unter 36 Jahren sagen, deutlich häufiger unfaire Behandlung durch die Polizei erlebt zu haben (24 Prozent) als Ältere. Auch zwischen den Geschlechtern zeigt sich ein Unterschied: Während 20 Prozent der Männer davon berichten, ist der Anteil unter den Frauen nur etwa halb so groß (elf Prozent). Insgesamt 51 Prozent aller Befragten waren zudem der Meinung, dass sich nicht alle gleichermaßen auf die Polizei verlassen können.

Demgegenüber steht, dass eine klare Mehrheit von 95 Prozent der Menschen in Deutschland der Meinung ist, dass der Staat beim Diskriminierungsschutz ein Vorbild sein sollte. Vier Fünftel der Befragten sprachen sich überdies für unabhängige Beschwerdestellen aus, an die Menschen sich wenden können, wenn sie Diskriminierung durch Ämter, Behörden und Polizei erleben.

Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die Menschen rechtlich berät, sind 2024 mehr als 11.400 Fälle eingegangen. Ein Viertel der geschilderten Diskriminierungsfälle entfiel auf staatliche Stellen, also Ämter und Behörden, Polizei und Justiz sowie den Bildungsbereich. Die Zahl dieser Anfragen hat sich seit 2020 mehr als verdoppelt. Um den Schutz vor Diskriminierung bei staatlichen Stellen zu verbessern, schlägt die Antidiskriminierungsbeauftragte konkrete gesetzliche Maßnahmen vor, auch auf Basis eines aktuellen Rechtsgutachtens im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Die Länder sollten nach dem Vorbild Berlins eigene Landesantidiskriminierungsgesetze einführen, die Schutzlücken in Bereichen schließen, für die die Länder verantwortlich sind: Bildung, Verwaltung und Polizei. Außerdem sollten unabhängige Beschwerdestellen geschaffen werden, an die Menschen sich bei Diskriminierung durch staatliches Stellen wenden können. Ergänzt werden sollte dies auf Bundesebene durch eine Erweiterung des AGG auf staatliches Handeln. Etwa bei Diskriminierungen durch staatliche Stellen wie Bundesbehörden, Arbeitsagenturen, der Rentenversicherung oder der Bundespolizei. Damit soll sichergestellt werden, dass Schutzlücken, die LADG offenlassen, geschlossen werden.

Das Rechtsgutachten „Staatliche Diskriminierung: Ausweitung des rechtlichen Diskriminierungsschutzes auf hoheitliches Handeln im Bereich der Bundesgesetzgebungskompetenz“ ist hier zu finden.

Die Umfrage „Was, wenn der Staat diskriminiert?“ ist hier zu finden.

Eine Zusammenfassung beider Publikationen finden Sie hier.